Die Haushaltslage in den Kommunen | Schaumburger Wochenblatt

Die Haushaltslage in den Kommunen

Heiko Tadge, Fraktionsvorsitzender der CDU (Foto: ab)
Heiko Tadge, Fraktionsvorsitzender der CDU (Foto: ab)
Heiko Tadge, Fraktionsvorsitzender der CDU (Foto: ab)
Heiko Tadge, Fraktionsvorsitzender der CDU (Foto: ab)
Heiko Tadge, Fraktionsvorsitzender der CDU (Foto: ab)

Das Schaumburger Wochenblatt hatte die Fraktionsvorsitzenden der im Rat von Stadthagen vertretenen Parteien zur Haushaltslage in der Kreisstadt befragt. Für die SPD sprach Jan-Philipp Beck, für die CDU Heiko Tadge, für die FDP Lothar Biege und für die Grünen Rolf Rösemeier-Tietjen. Nach den Kommentaren zur allgemeinen Kassenlage, möglichen Streichungen von freiwilligen Leistungen sowie ihren Überlegungen zu eventuellen Abgabenerhöhungen, ging es im zweiten Teil um eine Bewertung der Personalsituation, den Auswirkungen der Lohn- und Gehaltssteigerungen sowie möglicher interkommunaler Zusammenarbeit. Heiko Tadge war der Ansicht, dass die Stadthäger Verwaltung mit einem Stellenplan von knapp über 200 Vollzeitstellen angemessen aufgestellt sei. Ihm fiel eine zunehmende Personalfluktuation auf, die man zwar kritisieren könne, was aber nicht helfe. Qualifizierte Arbeitskräfte könnten sich heutzutage auf einem Arbeitnehmermarkt ihre Arbeitsplätze aussuchen. Er sah jedoch Licht am Horizont. Jan-Philipp Beck möchte die Arbeitszufriedenheit steigern. Dies könne möglicherweise mit Benefizmaßnahmen erreicht werden. Er dachte dabei beispielsweise an Firmenfahrräder oder auch Gesundheitskurse. Lothar Biege war es wichtig, die Attraktivität der Stadt zu erhalten und zu steigern. Ein wesentlicher Faktor für ihn war der Erhalt der wirtschaftlichen Kompetenz. Großunternehmen wie Schweerbau oder auch die Ansiedlung von weiteren potentiellen Unternehmen, spielten dabei eine wesentliche Rolle bei seinen Überlegungen. Dabei hoffte der FDP-Mann auf den Umzug des Aluminium-Werkes von Hannover nach Stadthagen. Am Beispiel der Festhalle sagte Biege:“ Wenn ein privater Investor eine bauen will, warum sollte es die Stadt tun und weiter Defizit erwirtschaften?“

”90 Prozent Förderung macht es leichter, 10 Prozent muss man aber auch aufbringen!”

Beim Einsatz von Fördergeldern möchte Lothar Biege zukünftig eine Evaluation. Er schilderte seine Sorge, dass ohne diese, einzelne Projekte zur „Luftnummer“ würden. So hoffte er beispielsweise, dass aus dem Living-Care-Lab nicht zukünftig ein Leerstand entstünde. Rolf Rösemeier-Tietjen sah ebenfalls die Attraktivität der Arbeitsplätze, einhergehend mit einer ebenso attraktiven Bezahlung, als wesentlich an. Er war zuversichtlich, dass langfristig genügend qualifiziertes Personal gefunden werde. Nach Information von Tadge beträgt der Haushaltsansatz für das gesamte Personal für 2024 insgesamt 15,211 Millionen Euro und liegt damit etwa 1,347 Millionen Euro höher, als 2023. Bei der Bewertung der Auswirkungen von ausscheidenden „Babyboomern“ in den nächsten Jahren, sowie der fortschreitenden Digitalisierung, waren sich die vier Politiker weitestgehend einig. Personaleinsparung durch die Digitalisierung sah keiner, ehr zunächst noch einen Mehraufwand für die nächste Zeit. Die Welle der Pensionierungen aus den geburtenstarken Jahrgängen betrifft alle Bereiche von Wirtschaft und Verwaltung. Jan-Philipp Beck: “Das wird in den nächsten Zehn Jahren eine Herausforderung werden!“ Interkommunale Zusammenarbeit könnte in Einzelfällen gut funktionieren. Das hänge nach Tadges Ansicht von dem Ergebnis amtsbezogener Analysen und Bewertungen ab. Die Beispiele der gemeinsamen Rettungsleitstelle und dem Rechnungsprüfungsamt (Schaumburg/Nienburg) seien funktionierende Projekte. Rösemeier-Tietjen sah die interkommunale Zusammenarbeit als einen Prozess an, der permanent geschehen sollte. Lothar Biege sah die Gefahr, dass man in Schaumburg „… zu klein denkt…“ Man würde vier Einheitskommunen in Schaumburg benötigen, damit ein möglicher Zuschlag nach Hannover verhindert werden könne. Die Zusammenlegung von Bauhöfen seien ein gutes Beispiel. Jan-Philipp Beck sagte am Beispiel von Niedernwöhren und Nienstädt, dass Stadthagen zu dem Thema Zusammenarbeit offen sei. In einem dritten Teil des Gespräches werden die vier Fraktionsvorsitzende ihre Wünsche für die Zukunft formulieren.

Dazu der Kommentar von Axel Bergmann:

Stehen die Kommunen vor dem Brankrott?

Droht Deutschlands Städten und Gemeinden ein britisches Szenario?

Aktuelle Nachrichten aus dem benachbarten Großbritannien sollten auch bei uns die Politiker aufhorchen lassen. Wie zu hören und zu lesen ist, stehen viele Kommunen auf der Insel vor dem finanziellen Bankrott. Hört man sich in den heimischen Städten und Gemeinden um, dann konnte vielerorts nur durch einen beherzten Griff auf vorhandene Rücklagen die Handlungsfähigkeit erhalten werden. Kommunalpolitiker beklagen, dass die Gemeinden nicht ausreichend mit Geld durch Bund und Land versorgt werden. Am Beispiel der Diskussion um die Kindergarten-Finanzierung erkennt man auch im Landkreis Schaumburg das Dilemma. Der Landkreis hat die Zuschüsse erhöht, reichen tut es trotzdem vorn und hinten nicht. In Großbritannien sind mittlerweile viele kommunale Einrichtungen geschlossen worden und eigentliche Selbstverständlichkeiten, wie Straßenbeleuchtung, Büchereien und sogar die regelmäßige Müllabfuhr sind vereinzelt gekürzt, gestrichen und geschlossen. Freiwillige Leistungen in unseren Städten und Gemeinden streichen? Keine gute Idee, schließlich sind sie das Salz in der Suppe und wiedergewählt werden möchte man ja auch. Erhöhung von Steuern und Gebühren? Ortspolitiker sprechen von Pfennigbeträgen, wenn etwa die Hundesteuer erhöht oder das Parken teurer werden. Verkauf von „Tafelsilber”? Verkaufen kann man alles nur einmal, wenn man überhaupt etwas anzubieten hat. Höhere Zuschüsse von Bund und Land? Ich glaube, das ist nur ein Verschiebebahnhof. Die Schulden des Bundes türmen sich aufgrund Corona-Hilfen, Ukraine-Krieg etc. so hoch, dass mindestens eine Generation nach uns allein für die Zinsen aufkommen muss. In zwei Jahren ist das 100-Milliarden-Paket für die Verteidigung ausgegeben, dann werden neue Milliarden erforderlich. Wirtschaftswissenschaftler behaupten jedoch, es seien genügend Einnahmen vorhanden, sie müssten nur anders ausgegeben werden. Apropos Einnahmen – die Idee, Kommunen an der grünen Stromproduktion durch Windräder und Freiland-PV-Anlagen innerhalb ihrer Gemeindegrenzen direkt zu beteiligen, könnte ein Gamechanger werden. Es flössen fünfstellige Summen in den kommunalen Haushalt und der dringend notwendigen Energiewende würde zusätzlicher Schub gegeben werden. So könnte auch das lahmende „Leuchtturm-Projekt“ PV-Anlage auf dem Georgschacht in ganz neuem Licht betrachtet werden.


Axel Bergmann
Axel Bergmann

Freier Mitarbeiter

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