Handlungsfähig oder ausgebremst? | Schaumburger Wochenblatt

18.04.2024 16:09

Handlungsfähig oder ausgebremst?

Schulen und Kindergärten sind aktuelle Millionen-Investitionen.  (Foto: nd)
Schulen und Kindergärten sind aktuelle Millionen-Investitionen. (Foto: nd)
Schulen und Kindergärten sind aktuelle Millionen-Investitionen. (Foto: nd)
Schulen und Kindergärten sind aktuelle Millionen-Investitionen. (Foto: nd)
Schulen und Kindergärten sind aktuelle Millionen-Investitionen. (Foto: nd)

Die Verschuldung der Stadt Bückeburg wächst, die Einnahmen halten da nicht mit. Investitionen sind in einigen Teilen – wie den Grundschulen – unumgänglich gewesen und stehen daher auch nicht infrage. Dennoch bleibt die Ungewissheit, wie die Politiker jetzt noch die Zukunft gestalten können, wenn die Kassen leer sind. Für den Haushalt Bückeburg haben uns zunächst Sandra Schauer-Bolte für die SPD und Andreas Paul Schöniger für Freie Wähler/ Rede und Antwort gestanden.   

„Politik entscheidet nach wie vor über Themen, die für unsere Kommune wichtig sind: Stadtentwicklung, Bildung, Infrastruktur oder Umweltschutz. Egal wie der Haushalt aussieht, an unserer Arbeit ändert sich da erst mal nichts. Aber bei der defizitären Haushaltslage geht es uns wie jedem Privathaushalt, wir müssen sparen! Wir müssen Investitionen und Maßnahmen prüfen, ob sie geschoben oder aufgrund ihres schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses sogar gestrichen werden können,“ mahnt Sandra Schauer-Bolte an. In der Fraktion ist man sich einig: „Unter dem Strich gibt es aber auch Projekte, in die wir dringend weiter investieren müssen, weil sie wichtig und wesentlich für unsere Zukunft sind, für unsere Bürgerinnen und Bürger. Hier gilt es genau zu schauen, ob es Lösungen gibt, die kostengünstig und genauso effektiv sind wie eine teure Variante.“

Andreas Paul Schöniger holt ein wenig weiter aus: „Die Rahmenbedingungen für die kommunalen Haushalte sind seit Jahren geprägt durch Vorgaben des Bundes und durch das Land Niedersachsen. Diese auferlegten Pflichten sind bis zum heutigen Tage unzureichend durch den Bund und Land gegenfinanziert und die Kommunen sehen sich genötigt eigene Mittel aufzubringen, um das Bundes- und Landespolitische Wunschkonzert zu finanzieren.“ 

„Mit Blick auf die Grundsteuer ist auch noch nicht alles entschieden. Alle Anpassungen werden auch Auswirkungen auf die Gestaltung der zukünftigen Haushalte haben. Mit Blick auf den Haushalt der Stadt Bückeburg werden zukünftig Investitionen nur durch Kassenkredite von über 10 Millionen gegenfinanziert werden können. Natürlich sind für die Gruppe FW und BfB die Investitionen in Grundschulen, Kindergärten und Feuerwehren wichtig und richtig. Daran darf und auch nicht gerüttelt werden.“ 

Befürchten Sie weitere Steuererhöhungen oder deren Auswirkungen? 

„Wo bleibt hier der Spargedanke und ein Signal nach Außen? Wir hatten gehofft, dass mit Blick auf die Entscheidungen im Bund und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Steuerzahler und der dann bekannten Mehrbelastungen, auch für die Kommune, ggf. erst Mitte des Jahres die Hebesätze anzupassen und Investitionen, die in 2024 nicht unbedingt notwendig sind, in die Folgejahre zu verschieben“, fasst  Schöniger es zusammen.

Seine Fraktion hatte daher schon bei den Haushaltsverhandlungen gefordert, dass die Verwaltung in den direkten Dialog mit den heimischen Betrieben treten und Gespräche führen sollte, wo die Reise der Betriebe unter dieser hohen Steuerlast hinführen wird, um abzuschätzen, wie Durchhaltefähig die heimische Wirtschaft zukünftig noch sein wird. 

Das sieht auch die SPD kritisch. „Steuererhöhungen sind für uns das letzte Mittel, um Haushaltslücken zu schließen, denn ihre Auswirkungen werden sich wie ein Boomerang auf den kommunalen Haushalt in den nächsten Jahren auswirken”, ist sich Schauer-Bolte sicher. „Bürger und Unternehmen sind durch die steigenden Kosten schon stark belastet. Wenn wir dann noch die Steuern erhöhen, verringert sich die Kaufkraft der privaten Haushalte noch mehr und Unternehmen investieren weniger oder wandern sogar ab, was sich dann wiederum negativ auf das lokale Wirtschaftswachstum auswirkt.”  

Damit verbindet Schauer-Bolte aber auch einen Arbeitsauftrag: „Darum liegt es an uns Politikern und der Verwaltung nach Alternativen zu suchen. Zum Beispiel durch die Einnahmen durch kommunale Wirtschaftsförderung verbessern, durch eine Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden oder Organisationen um Ressourcen zu bündeln und Kosten zu senken, Bürgerinnen und Bürger bei der Finanzierung von Projekten durch Crowdfunding oder andere Formen der finanziellen Beteiligung mit einbeziehen oder durch das Akquirieren von Fördergeldern von Bund und Land. Wesentlich ist aber aus unserer Sicht jedoch: Transparenz! Ein kommunaler Haushalt und seine Budgetprioritäten müssen für Bürgerinnen und Bürgern erklärt werden, damit nachvollziehbar ist, warum die Kommune sich manche Maßnahmen nicht mehr oder nur begrenzt leisten kann. Nur so kann das Verständnis für Entscheidungen der Verwaltung und Politik wachsen.“ 

Der Kommentar von Axel Bergmann:

Stehen die Kommunen vor dem Brankrott?

Droht Deutschlands Städten und Gemeinden ein britisches Szenario?

Aktuelle Nachrichten aus dem benachbarten Großbritannien sollten auch bei uns die Politiker aufhorchen lassen. Wie zu hören und zu lesen ist, stehen viele Kommunen auf der Insel vor dem finanziellen Bankrott. Hört man sich in den heimischen Städten und Gemeinden um, dann konnte vielerorts nur durch einen beherzten Griff auf vorhandene Rücklagen die Handlungsfähigkeit erhalten werden. Kommunalpolitiker beklagen, dass die Gemeinden nicht ausreichend mit Geld durch Bund und Land versorgt werden. Am Beispiel der Diskussion um die Kindergarten-Finanzierung erkennt man auch im Landkreis Schaumburg das Dilemma. Der Landkreis hat die Zuschüsse erhöht, reichen tut es trotzdem vorn und hinten nicht. In Großbritannien sind mittlerweile viele kommunale Einrichtungen geschlossen worden und eigentliche Selbstverständlichkeiten, wie Straßenbeleuchtung, Büchereien und sogar die regelmäßige Müllabfuhr sind vereinzelt gekürzt, gestrichen und geschlossen. Freiwillige Leistungen in unseren Städten und Gemeinden streichen? Keine gute Idee, schließlich sind sie das Salz in der Suppe und wiedergewählt werden möchte man ja auch. Erhöhung von Steuern und Gebühren? Ortspolitiker sprechen von Pfennigbeträgen, wenn etwa die Hundesteuer erhöht oder das Parken teurer werden. Verkauf von „Tafelsilber”? Verkaufen kann man alles nur einmal, wenn man überhaupt etwas anzubieten hat. Höhere Zuschüsse von Bund und Land? Ich glaube, das ist nur ein Verschiebebahnhof. Die Schulden des Bundes türmen sich aufgrund Corona-Hilfen, Ukraine-Krieg etc. so hoch, dass mindestens eine Generation nach uns allein für die Zinsen aufkommen muss. In zwei Jahren ist das 100-Milliarden-Paket für die Verteidigung ausgegeben, dann werden neue Milliarden erforderlich. Wirtschaftswissenschaftler behaupten jedoch, es seien genügend Einnahmen vorhanden, sie müssten nur anders ausgegeben werden. Apropos Einnahmen – die Idee, Kommunen an der grünen Stromproduktion durch Windräder und Freiland-PV-Anlagen innerhalb ihrer Gemeindegrenzen direkt zu beteiligen, könnte ein Gamechanger werden. Es flössen fünfstellige Summen in den kommunalen Haushalt und der dringend notwendigen Energiewende würde zusätzlicher Schub gegeben werden. So könnte auch das lahmende „Leuchtturm-Projekt“ PV-Anlage auf dem Georgschacht in ganz neuem Licht betrachtet werden.


Nadine Dressler
Nadine Dressler

Redakteurin Schaumburger Wochenblatt

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