Die Kraft der Taufe | Schaumburger Wochenblatt

16.01.2025 13:27

Die Kraft der Taufe

Pastor Dirk Gniesmer (Foto: ds)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: ds)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: ds)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: ds)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: ds)

Liebe Leserinnen und Leser, vorausgesetzt, Sie gehören einer christlichen Kirche an:

Liebe Leserinnen und Leser, vorausgesetzt, Sie gehören einer christlichen Kirche an:

Können Sie sich noch an Ihre Taufe erinnern? Die meisten von Ihnen werden sicherlich mit „Nein” antworten, da sie als kleine Kinder getauft wurden. So war es auch letzten Sonntag, als ich im Gottesdienst dieselbe Frage stellte. Nur ein Herr meldete sich. Er hatte sich aus bewusster Entscheidung vier Wochen vor seiner Konfirmation taufen lassen.

Mir selbst geht es wie den meisten: Keine Erinnerung, nur ein paar schwarz-weiße Dias und einen vergilbten Eintrag im elterlichen Stammbuch. Martin Luther konnte sich ebenfalls nicht an seine Taufe erinnern, doch war ihm die Tatsache wichtig, dass er getauft worden war. Er wurde gleich an seinem zweiten Lebenstag getauft (11.11.1483). Daher bekam er seinen Namen, da dies der Martinstag war. Aber später in seinem Leben, in schweren Zeiten, wenn er sich herausgefordert und mutlos fühlte, hat er sich das immer wieder vor Augen geführt und mit Kreide auf seinen Tisch geschrieben: „Ich bin getauft, ich bin ein Kind Gottes.“ Das gab ihm neue Kraft. Letzten Sonntag wurde in vielen unserer Gottesdienste die Geschichte von der Taufe Jesu gelesen. Das Wichtigste daran: Jesus hört eine Stimme, Gottes Stimme, die zu ihm spricht: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ (Lukas 3). Und er spürt den Geist Gottes über sich kommen.

Aus dieser Zusage heraus konnte er dann seinen weiteren Weg gehen, sein öffentliches Wirken beginnen und durchhalten, auch in allerschwerster Zeit. Viele Menschen verbinden mit der Taufe, einen Schutzengel zu bekommen, der die Kinder durch Gefahren trägt und behütet (Psalm 91,11 als Taufspruch). Schön, wer das auch so erfahren mag. Garantiert ist das jedoch nicht. Sonst könnten Getaufte in der Unfallversicherung einen niedrigeren Tarif haben. Garantiert ist aber die Zusage Gottes in der Taufe: „Du bist mein geliebtes Kind. Ich will bei dir sein, ich will mit dir durchs Leben gehen, was auch immer geschieht“. Darauf können wir uns besinnen und Kraft schöpfen. Wir müssen es ja nicht mit Kreide auf den Tisch schreiben. Da sind vielleicht die Taufkerze, die Taufurkunde, Fotos oder auch ein ermutigender Taufspruch, der von Gottes Liebe und Segen spricht.

Das ist so wichtig: Zuspruch, Angenommen-Sein, dass da jemand gut zu mir spricht, mir Mut macht, mir etwas zutraut, mir zusagt, bei mir zu sein. Für den Täufling können das Eltern und Paten sein. Für uns Erwachsene vielleicht Freunde oder Partner. Jetzt im Wahlkampf hören wir immer mehr die Sprache des Hasses, des Angriffs, der Schwarz-Weiß-Malerei. Eine „Weg mit“-Rhetorik. Remigration, Nazis raus, alle Windräder weg…

Davon dürfen wir uns nicht anstecken lassen, diese Rede nicht übernehmen. Helfend, verstehend, annehmend, das Gute und die möglichen Kompromisse suchend – so könnte eine Sprache sein, die uns weiterhilft und den Segen Gottes bringt.


Dirk Sassmann
Dirk Sassmann

DS

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