Wir feiern Ostern, das Fest des Lebens | Schaumburger Wochenblatt

16.04.2025 15:07

Wir feiern Ostern, das Fest des Lebens

Pastor Dirk Gniesmer (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer (Foto: privat)

Wir feiern das Leben und die Liebe, die stärker sind als der Tod.

Wir feiern das Leben und die Liebe, die stärker sind als der Tod.

Wir feiern, dass Jesus und seine Botschaft von Gott auch durch eine Hinrichtung am Kreuz nicht totzukriegen sind. Können wir das wirklich so glauben, so hoffen? Die täglichen Nachrichten lehren uns das Gegenteil. Aufgerüttelt und erschüttert von den Bildern aus dem ukrainischen Sumy. Palmsonntag wollte man feiern und wurde Opfer des verbrecherischen und mörderischen Angriffskrieges Russlands. Im Gazastreifen sieht es nicht besser aus.
Terror, Krieg und Tod – wie soll man da an einen Sieg des Lebens glauben? Da kann man ins Zweifeln kommen.

Schon zu Jesu Zeiten war das mit dem Glauben und dem Zweifel nicht anders als heutzutage. „Ich glaube nur, was ich mit eigenen Auen sehe oder besser noch mit eigenen Händen begreifen und anfassen kann.“ So sagte es einer der Jünger, der am Ostersonntag nicht dabei war. Thomas hieß er und wurde wegen seiner Worte sprichwörtlich zum ungläubigen Thomas, zum Zweifler. Am Ostersonntag im Johannis-Kirchzentrum werden uns die Kinder seine Geschichte vorspielen. Wir können den Thomas sicher gut verstehen. Und wie geht es in der Bibel weiter, wie reagiert Jesus? Er erscheint einen Sonntag später wieder mitten unter den Jüngern und geht direkt auf Thomas zu – ohne tadelnde Worte (etwa: „Thomas, was bist du so kleingläubig?“), sondern mit der Aufforderung: „Komm und sieh, reiche deine Hände her und fühle.“ Thomas darf sich handgreiflich davon überzeugen, dass er wirklich Jesus vor sich hat. Ja, er ist es, der Gekreuzigte und Auferstandene. Er legt seinen Finger quasi in offene Wunden, er sieht die Welt nicht durch eine rosaroate Brille des Wunschdenkens.

„Sei nicht ungläubig, sondern gläubig“, fordert ihn Jesus auf. Und das ist er nun wahrhaftig: „Mein Herr und mein Gott“, so spricht er zu Jesus. Und Jesus antwortet: „Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Ist das nun doch noch ein Tadel an Thomas, ist etwa der nicht sehende Glaube der bessere? Nein, so verstehe ich Jesu Worte nicht. Thomas war in der glücklichen Lage zu sehen und er hat geglaubt. Doch spätere Generationen sehen Jesus nicht leibhaftig vor sich. Selig sind sie, wenn sie auch dann dennoch glauben. Glaube ist zuallererst ein Vertrauen, ein Sich-Einlassen auf eine Wirklichkeit der von Gott kommenden Liebe und Hoffnung, wie Jesus sie uns gezeigt hat. Glaube kein bloßes Für-Wahr-Halten von Dingen oder Sachverhalten, die man nicht sehen und nicht beweisen kann. Der Glaube darf durchaus Anschauung haben, er braucht Bilder, Zeichen und Symbole. „Komm und sieh“, sagt Jesus im Johannesevangelium wiederholt. Er wünscht sich Menschen mit glaubenden Augen. Menschen, die mit dem Herzen sehen. Was gibt es zu sehen, das uns den Glauben an die Auferstehung glaubwürdig macht? Zuallererst die Jünger Jesu selber, die hoffnungslos und ängstlich neue Hoffnung und neuen Mut bekommen, die nach dem Osterereignis vollkommen verwandelt sind. Und dass sich bis heute Menschen von Jesus begeistern und bewegen lassen, ist das größte Zeugnis dafür, dass er noch immer unter uns lebendig ist. Und überall da, wo Menschen aus Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit aufbrechen, neuen Mut schöpfen, ja auferstehen, gilt dasselbe.
Auch das Wiedererwachen der Natur jetzt im Frühling können wir als Zeichen sehen für die Lebenskraft, die Gott seiner Schöpfung schenkt.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges, woran wir jetzt so häufig denken, schrieb der Jude Schalom Ben Chorin sein Lied: „Freunde, dass der Mandelzweig wieder treibt und blüht, ist das nicht ein Fingerzeig, dass das Leben siegt?“ Gerade auch dann, wenn der Krieg tausende zerstampft hat. Es mag auch Zeiten geben, wo wir keine Hoffnungszeichen erkennen. Genau dann gilt das: Selig sind, die nicht sehen und dennoch glauben. Glücklich bist du, wenn du gerade dann das Vertrauen und die Hoffnung nicht aufgibst. Einst schrieb ein Jude an die Mauer im Warschauer Getto: „Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint. Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht fühle. Ich glaube an Gott, auch wenn ich ihn nicht sehe“.


Dirk Sassmann
Dirk Sassmann

DS

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