Wenn in Rodenberg, Lindhorst oder Bückeburg der Notruf 112 gewählt wird, landet der Anruf in der Integrierten Regionalleitstelle (IRL) für die Landkreise Schaumburg und Nienburg in Stadthagen. Hier nehmen Disponenten in 12-Stunden-Schichten rund um die Uhr Notrufe entgegen und koordinieren Einsätze. Doch wie läuft die Arbeit in der Leitstelle genau ab? Zum Internationalen Tag des Notrufs am 11. Februar gibt Thomas Reiter, Leiter der IRL, dem Schaumburger Wochenblatt einen exklusiven Einblick.

Drei Disponenten rund um die Uhr im Einsatz

Jede Schicht bringt neue Herausforderungen. Mal bleibt es ruhig, mal klingeln die Telefone ununterbrochen. „Rund um die Uhr sind drei Disponenten im Dienst“, erklärt Reiter. Tagsüber wird das Team durch zwei sich überlappende Schichten verstärkt, sodass bis zu fünf Mitarbeiter gleichzeitig Anrufe entgegennehmen und Einsätze koordinieren.
Im Jahr 2024 gingen insgesamt rund 65.200 Notrufe ein – das entspricht durchschnittlich 180 Notrufen pro Tag. Zusätzlich wurden über andere Leitungen in der IRL rund 82.400 weitere Anrufe bearbeitet. „Nicht jeder Anruf führt zu einem Einsatz. Manchmal landet ein Polizei-Notruf fälschlicherweise bei uns, Kinder spielen mit dem Handy oder jemand meldet einen WLAN-Ausfall als Notfall“, berichtet Reiter. Etwa zwei Drittel der eingehenden Notrufe erfordern tatsächlich einen Rettungseinsatz.

Neue Abläufe bei der Notrufannahme

Früher lernten viele Menschen die sogenannten W-Fragen („Wo? Was? Wer?“) auswendig, um im Notfall möglichst schnell die richtigen Informationen geben zu können. Heute folgt die Notrufabfrage einem festen Protokoll. „Wir raten sogar davon ab, die W-Fragen weiter zu lehren“, betont Reiter. Stattdessen sollten Anrufer einfach auf die Fragen der Disponenten antworten. So könne das Rettungsteam bereits alarmiert werden, während noch weitere Details abgefragt werden. Besonders bei Kreislaufstillständen zählt jede Sekunde: „Durch die strukturierte Abfrage können wir schnell Laienreanimationen anleiten und die Überlebenschancen der Patienten deutlich verbessern.“

91.000 Einsätze im Jahr 2024

Die Arbeit der IRL geht weit über klassische Notfalleinsätze hinaus. 2024 wurden insgesamt etwa 91.000 Einsätze koordiniert. „Davon waren ca. 40.000 dem Bereich Notfallrettung und Notfalltransport zuzuordnen, 16.500 dem Krankentransport, ca. 3.500 Einsätze dem Bereich Brandschutz/Hilfeleistung und ca. 31.000 dem Bürgerservice (Information, Bereitschaftsdienste usw.)”, erläutert Reiter.
Während Krankentransporte durch neue Strukturen zurückgehen, steigt die Zahl der Notfalltransporte weiter an. „Die Anspruchshaltung der Bevölkerung wächst, und die Versorgung durch Hausärzte verändert sich“, so Reiter.

Moderne Technik für mehr Effizienz
Das Telefon bleibt im Grunde Arbeitsmittel Nummer 1. Für die Rettungsleitstelle hängen daran aber zunehmend immer mehr hochmoderne Technologien. Neben Funk- und Telefonsystemen gehören mittlerweile auch digitale Ortungsdienste wie Advanced Mobile Location (AML) sowie die barrierefreie Notruf-App „Nora“ zum Standard.
Auch die Drei-Wort-Adresse, ein System zur genauen Standortbestimmung, wird regelmäßig in der Kommunikation mit den Rettungskräften genutzt – vor allem in unübersichtlichem Gelände. In Zukunft sollen zudem Notrufchats in Echtzeit und Videonotrufe eingeführt werden, um die Barrierefreiheit weiter zu verbessern.
Eine besondere Herausforderung stellt die Autobahn A2 dar, auf der es häufig zu Unfällen mit internationalen Verkehrsteilnehmern kommt. „Unsere Disponenten sind zwar im Notrufdialog auf Englisch geschult, doch viele osteuropäische Fahrer sprechen nur wenig Englisch“, erklärt Reiter. Ab diesem Jahr wird daher ein Übersetzungsmodul in die Telefonanlage integriert, das Gespräche in Echtzeit in die jeweilige Sprache des Anrufers transkribiert und überträgt – und umgekehrt.