Der Stadtrat hat in der vergangenen Woche eine Bauvoranfrage der Projektgesellschaft Neue Mitte Wunstorf abgelehnt. Das geht aus einer Stellungnahme des Geschäftsführers Björn Hiss hervor. Demnach wollte der Investor fünf Mehrfamilienhäuser mit preisgünstigem Wohnraum an der Jenaer Straße errichten. ”Der Antrag war sinnvoll möglich, da dieser Teil des Geländes, der außerhalb des ehemaligen VION-Werksgeländes im Wohngebiet liegt, sich bereits heute nach §34 Baugesetzbuch bebauen lassen würde und bis vor kurzem noch bewohnt war”, sagt Hiss.
Nach Baugesetzbuch §34 bedeutet aber auch mehr oder weniger freie Hand. Baukörper müssen sich lediglich in die Umgebung einfügen. Vorgaben, die man aus Bebauungsplänen kennt, gibt es hier nicht. Eine Zusage des Investors, Sozialwohnungen zu bauen, wäre unter diesen rechtlichen Rahmenbedingungen daher auch nicht mehr als eine Absichtserklärung. Im Klartext: Er könnte es sich auch wieder anders überlegen, wenn beispielsweise Fördergelder ausbleiben, immerhin gibt Hiss an, rund 21 Millionen Euro aus öffentlichen Töpfen akquirieren zu können. Eine Begründung müsste er nicht liefern und die Stadt hätte auch nichts in der Hand, um die Einhaltung dieser Zusage zu verlangen.
Geplant hatte Hiss den Bau von rund 85 Wohnungen in ökologischer Holzbauweise mit Niedrigenergiehausstandard. Für das Projekt hätten seinen Angaben zufolge Fördermittel aus Programmen des Landes, der N-Bank sowie von Kommune und Region investiert werden können. Die Ablehnung der Stadt verwundere daher umso mehr, da auch die aktuell noch in Diskussion befindlichen Bebauungskonzepte für das Gesamtareal an dieser Stelle Mehrfamilenhäuser vorgesehen hätten. Zudem füge sich das Vorhaben gut in die Umgebungsbebauung ein, da durch die benachbarten Immobilien im Luther Weg/Ecke Blumenauer Straße und dem ehemaligen VION Verwaltungsgebäude mit vier Vollgeschossen plus Turmgeschoss, das heute ebenfalls zu Wohnzwecken dient, die Bezugsgrößen für die Neubauten bereits städtebaulich vorgegeben sind.
Die Stadt erwidert wiederum, dass sich die Bauvoranfrage nur teilweise entlang des Luther Weges auf einen bebauungsfähigen Innenbereich bezogen hätte. Der Rest des Geländes ist durch eine gewerbliche Brache geprägt. Ein Einfügen wie es am Luther Weg möglich wäre, lässt sich nicht automatisch auf diesen Bereich übertragen, sagt Stadtbaurat Alexander Wollny auf Nachfrage. Hieraus resultiere letztendlich auch ein Planerfordernis, welches Ausdruck in Form eines Bebauungsplanes findet. Statt fünf Wohnhäuser hätten dann vielleicht nur noch ein oder zwei errichtet werden können. Diese Details sind aber nur ein Nebenaspekt der Ablehnung. Im Kern geht es darum, die bisherige Planungsgrundlage, die auf einem städtebaulichen Wettbewerb fußt, beizubehalten und nicht aushebeln zu lassen. Weiteren Bauvoranfragen, die das mitunter zum Ziel haben könnten, werde daher mit einer Veränderungssperre jetzt ein Riegel vorgeschoben.
Die Veränderungssperre bedeutet aber auch, dass die Stadt selbst eine Planung vorlegen muss. Ein willkürlicher Erlass von solchen „Stopp-Schildern” ist unzulässig, erklärt Stadtsprecher Alexander Stockum im Gespräch mit dieser Zeitung. Mit dem vorhandenen Aufstellungsbeschluss gibt es eine Grundlage. Dieser Prozess könnte weiter vorangetrieben werden, über Entwurfsbeschlüsse bis hin zu einer Satzung, die dann regelt, an welche baulichen Vorgaben sich der jeweilige Eigentümer des Geländes halten muss. Die Planungsbehörde erzeugt also ebenfalls Druck auf den Vorhabenträger, sich weiterhin konstruktiv einzubringen. Kompromisse hatte es jedenfalls im bisherigen Verfahren immer wieder gegeben.
Die Projektgesellschaft behauptet allerdings, dass ihre zahlreichen Versuche, mit der Stadt konstruktiv über die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens zu sprechen, abgelehnt wurden. ”Die vorgesehene Veränderungssperre der Verwaltung verzögert das Bauvorhaben grundlos um mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte und dient lediglich der weiteren Verhinderung eines konstruktiven Vorwärtskommens”, so Hiss in seiner Erklärung. Ganz unrecht hat er damit nicht, denn die Stadt selbst gibt ja an, ihre begrenzten Personalkapazitäten anderen Projekten, vor allem in den Ortsteilen, widmen zu wollen.
Einem möglichen Widerspruch oder einer Klage gegen die Ablehnung der Bauvoranfrage sieht die Stadt indes gelassen entgegen. Die Planungshoheit werde nicht missbraucht, um eine Entwicklung zu verhindern, heißt es. Im Gegenteil, sagt Stadtsprecher Stockum. Mit dem städtebaulichen Wettbewerb und einem Aufstellungsbeschluss sei die konstruktive Rolle der Verwaltung bereits gut dokumentiert. Außerdem sind Gespräche mit dem Investor immer wieder geführt worden und die Stadt sei beispielsweise bei der Nettobaulandfläche und beim Lärmschutz dem Vorhabenträger entgegengekommen.