Im Hospizdienst zählt Empathie und die Fähigkeit, Nähe auszuhalten | Schaumburger Wochenblatt

Im Hospizdienst zählt Empathie und die Fähigkeit, Nähe auszuhalten

Christine Papies ist noch „in Ausbildung”. (Foto: nd)
Christine Papies ist noch „in Ausbildung”. (Foto: nd)
Christine Papies ist noch „in Ausbildung”. (Foto: nd)
Christine Papies ist noch „in Ausbildung”. (Foto: nd)
Christine Papies ist noch „in Ausbildung”. (Foto: nd)

Als Christine Papies aus gesundheitlichen Gründen in den Vorruhestand ging, stellte sie sich die Frage: „Was nun?” Die Tage ohne Arbeit - sie war in der Verwaltung einer Justizvollzugsanstalt tätig - fühlten sich leer an, bis die heute 52-Jährige eine neue Aufgabe fand, die nicht nur anderen, sondern auch ihr selbst Sinn gibt und mit ihren gesundheitlichen Einschränkungen kompatibel ist.

„Ich habe die Zeit und immer ein offenes Ohr für die Menschen, die ich besuche”, sagt Papies mit einem warmen Lächeln. Sie ist ehrenamtliche Mitarbeiterin beim Ambulanten Hospizdienst „Wegbegleiter”, dem Hospizverein Schaumburg-Lippe e.V., und befindet sich derzeit in Ausbildung. „Es geht dabei nicht um mich, sondern immer nur um den Sterbenden und die Anwesenden, Angehörigen, Freunde der zu Begleitenden.”
Die Ausbildung zur Sterbebegleiterin dauert rund ein Jahr und bereitet die Freiwilligen auf die vielfältigen Herausforderungen vor, die ihnen begegnen können. „Wir treffen uns alle zwei Wochen in einer festen Gruppe aus elf Auszubildenden und drei Ausbildern”, erklärt sie. „Dazwischen stehen wir locker, aber rege im Kontakt.” Die Schulung folgt dem sogenannten Celler Modell, das Ehrenamtliche in der Hospizarbeit qualifiziert.

Seit zwei Monaten besucht Papies regelmäßig eine ältere Dame. „Wenn man davon ausgeht, dass immer alles passieren kann, fährt man gut”, meint sie nachdenklich. Jeder Besuch ist anders und hängt von der Gemütsverfassung und dem körperlichen Zustand des Besuchten ab. „Daher frage ich immer nach den aktuellen Bedürfnissen und richte mich danach”, erzählt sie. „Was an einem Tag erwünscht ist—ein heiteres Gespräch, ein Lied oder einfach nur stille Nähe—kann am nächsten Tag ganz anders sein.”
Der Umgang mit den Menschen erfordert Empathie und die Fähigkeit, Nähe auszuhalten. „Selbst beim Thema Trost spenden gibt es kein Schema F”, betont Papies. „Man muss sich immer neu auf die Situation einlassen.”
Der Erstkontakt zu den Patienten wird von einer Koordinatorin des Hospizdienstes hergestellt. Dort wird vorher „abgeklopft”, wer zueinander passt, welche ganz persönlichen Eigenschaften sich ergänzen. Papies selbst kam eher zufällig zum Ehrenamt. Durch die Krebserkrankung einer Nachbarin hatte sie erstmals ein stationäres Hospiz kennengelernt, jedoch nicht in ehrenamtlicher Begleitung, sondern als Pflegestation. „Eines Tages sah ich im Supermarkt einen Spendenaufruf für den 'Wegbegleiter'”, erinnert sie sich. „Ich bin zweimal durch die automatische Drehtür gelaufen, um mir alles genau durchzulesen.” Ihre positiven Erfahrungen mit Sterbebegleitung in der Familie hatten ihre Neugier geweckt, dann nahm sie Kontakt auf.
Jetzt ist sie Teil eines Netzwerks, das Menschen in ihrer letzten Lebensphase unterstützt. „Der Dienst heißt, eine Aufgabe zu übernehmen—die Pflege allein ist es nicht, was einem Sterbenden Trost gibt”, fasst sie zusammen. Für Papies ist dieses Ehrenamt mehr als nur Zeitvertreib; es ist eine Berufung, die Lücken füllt—bei anderen und bei sich selbst und wichtig in der Gesellschaft - der Tod sollte nicht so ausgegrenzt werden.

Infos zum Hospizdienst und zum Verein unter www.hospizverein-schaumburg.de.

Was ist das Celler Modell?

    Das Celler Modell ist ein Vorbereitungskonzept von Diakonie Deutschland und den Maltesern zur Qualifizierung von Ehrenamtlichen in der Hospizarbeit, das seit 1989 besteht. Ursprünglich am Gemeindekolleg der VELKD in Celle ins Leben gerufen, wird es heute in Multiplikatorenkursen angeboten. Es entspricht den Empfehlungen des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands und gliedert sich in einen Grundkurs, eine Praxisphase und einen Vertiefungskurs.


    Nadine Dressler
    Nadine Dressler

    Redakteurin Schaumburger Wochenblatt

    north