Am 23. Februar ist Bundestagswahl. Für die meisten Bewerber-Parteien gehört die Themen „Migranten“, Migration“ und Flüchtlinge zum Programm, mit dem sie um die Gunst der Wähler werben. Wie stellt sich die derzeitige Lage im Landkreis Schaumburg dar? Wie ist die Unterbringungssituation und wie haben sich die Gesamtumstände im vergangenen Jahr verändert. Diese und eine Reihe weiterer Fragen rund um das Thema Flüchtlinge, besprach das Schaumburger Wochenblatt mit dem Ersten Kreisrat und Dezernenten beim Landkreis Schaumburg, Klaus Heimann. Claudia Altmann aus dem Sozialamt, Sachgebiet Unterbringung, unterstützte mit Detailinformationen.
Frühzeitig ein dezentrales Unterbringungskonzept umgesetzt
Bereits mit Beginn der ersten großen Flüchtlingswelle 2015, so schilderte Heimann, hatte sich der Landkreis Schaumburg für eine möglichst dezentrale Unterbringung der geflüchteten Menschen entschieden. Auf der Grundlage des „Leverkusener Konzeptes“, waren und sind auch heute noch, drei wesentliche Bausteine dabei zu berücksichtigen. Die dezentrale Unterbringung ist immer einer Gemeinschaftsunterkunft vorzuziehen. Professionelle Flüchtlingssozialarbeiter betreuen und begleiten die Menschen. Die weitgehende Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer ist wesentlicher Bestandteil des Konzeptes. Auf der Grundlage des „Königsteiner Schlüssels“ (zwei Drittel Steueraufkommen/ein Drittel Bevölkerungszahl) hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) festgelegt, dass Niedersachsen knapp 9,4 Prozent der Asylsuchenden aufzunehmen hat. Etwa zwei Prozent davon entfallen auf den Landkreis Schaumburg. Aufgrund der extrem hohen Flüchtlingszahlen Ende 2023, hatte die Kreisverwaltung zwei Sporthallen als Notunterkünfte vorbereitet. Im Verlaufe des Jahres 2024 sind die Zahlen um circa ein Drittel zurückgegangen und die Notunterkünfte müssen nicht genutzt werden. Die Halle an der ehemaligen Ostertorschule in Rinteln bleibt vorbereitet, die an der Pestalozzischule wurde zurück gebaut.
Neun zugewiesene Flüchtlinge pro Woche im Landkreis Schaumburg
Aktuell kommen im Landkreis Schaumburg durchschnittlich neun Geflüchtete pro Woche an. Heimann betonte, dass bei der Erfassung und auch der weiteren Bearbeitung ein Unterschied zwischen geflüchteten Personen aus der Ukraine und den asylsuchenden Menschen aus anderen Ländern gemacht würde. Vielfach müsse sich der Landkreis nicht um die Unterbringung der Ukrainer kümmern, da diese sich selbst darum kümmern würden. Das Sachgebiet Unterbringung nimmt auch weiterhin Angebote für die Unterbringung von Asylsuchenden an, so Claudia Altmann. Wenn das Angebot passt, so sei die Individualunterbringung immer kostengünstiger, als eine Sammelunterkunft, erklärte die Fachfrau. Von etwa 400 Objekten in der Hochzeit der Flüchtlingswelle, verwaltet der Landkreis derzeit 262 Wohnungen. Nichtbenötigter Wohnraum werde zeitnah an den Wohnungsmarkt zurückgegeben, ergänzte Klaus Heimann. Bei einer persönlichen Bewertung vermutet Dezernent Klaus Heimann, dass die die weltpolitische Lage sowie das Maßnahmenpaket, unter anderem mit Grenzkontrollen und der Zerschlagung von Schlepperorganisationen, zu dem deutlichen Rückgang der Flüchtlingszahlen geführt hat. Im Dezember 2024 betrug die Zahl der registrierten Personen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 1.335 Personen (zu den Herkunftsländern sehen Sie bitte in den Info-Kasten). 239 Menschen aus der Ukraine waren zusätzlich auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches II (SGB II) registriert und werden mit Bürgergeld unterstützt. Das Land Niedersachsen unterstützt die Kommunen mit derzeit 13.846 Euro pro Asylsuchenden. Die Summe ändert sich von Jahr zu Jahr. Die Kreisverwaltung muss jährlich eine erhebliche Summe in den Haushalt einstellen, da damit längst nicht alle Kosten abgedeckt werden, stellte Heimann klar. Der für Ukrainer automatisch vergebene Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz wurde gerade bis zum März 2026 verlängert.
Circa 30 Prozent der arbeitsfähigen Ukrainer haben Arbeit
Von den circa 900 erwerbsfähigen Menschen aus der Ukraine haben aktuell etwa 30 Prozent eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen (Stand 05/2024). Ganz generell ist es dem Dezernenten wichtig, dass sich seine Behörde nicht an den politischen Diskussionen im Land beteilige. Das Grundrecht auf Asyl aus dem Grundgesetz dürfe nicht infrage gestellt werden. Bei der kritischen Betrachtung ginge es immer um die Versuche der illegalen Einwanderung. Losgelöst von politischen Aussagen vor dem Hintergrund der Bundestagswahl müsse das Thema insgesamt europäisch gelöst werden, lautet sein Statement. „Man muss deutlich differenzieren in der Bewertung der Situation. Ausgangssituation sind immer das Asylbewerberleistungsgesetz, das SGB II und deren rechtliche Regelungen“, stellte Heimann die Stellung der Behörde dar. Positiv sehen Heimann und Claudia Altmann die Einführung der Bezahlkarte. Der Landkreis Schaumburg hat aktuelle 686 Karten beim Land angefordert und wird sie vermutlich im April 2025 ausgeben. Die Zahl ergibt sich aus den erfassten Personen und Bedarfsgemeinschaften. Durch die monatliche Begrenzung auf Bargeld in Höhe von 50 Euro soll Missbrauch eingeschränkt und:“… minimieren auch das Risiko, dass das Geld, welches für die Deckung des täglichen Bedarfs vorgesehen ist, zweckentfremdet wird und beispielsweise ins Ausland oder an Schleuser abfließt…“ (Nds Ministerium für Inneres und Sport). Der für den Lebensunterhalt vorgesehene Gesamtbedarf ( Bsp.: 441 Euro in der Bedarfsgruppe 1) ist auf einer Karte gespeichert, die optisch von einer Debitkarte nicht zu unterscheiden ist. Damit soll einer möglichen Diskriminierung vorgebeugt werden. Klaus Heimann hofft, dass auch damit insgesamt die Versuche der illegalen Einwanderung weiter zurückgehen werden.