Der Geschichte bewusst | Schaumburger Wochenblatt

Der Geschichte bewusst

Wird durch Stolperschwellen ergänzt: Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. (Foto: wb)
Wird durch Stolperschwellen ergänzt: Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. (Foto: wb)
Wird durch Stolperschwellen ergänzt: Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. (Foto: wb)
Wird durch Stolperschwellen ergänzt: Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. (Foto: wb)
Wird durch Stolperschwellen ergänzt: Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. (Foto: wb)

Der Umgang mit der eigenen Geschichte ist oft nicht einfach. Besonders schwierig ist es, wenn es sich um die Zeit des Nationalsozialismus handelt. So hat es auch bis in die 1970er Jahre hinein gedauert, bis sich das Klinikum der Region Hannover für Psychiatrie seiner Geschichte während des Drittes Reiches gestellt hat.

Die Anfänge

Zu verdanken ist das Aufarbeiten der Geschichte der heutigen KRH Psychiatrie Prof. Dr. Asmus Finzen, der ab 1975 Direktor des Niedersächsischen Landeskrankenhauses – so die damalige Bezeichnung – war. Dabei stieß er nicht so einfach auf die Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Sie wurden ihm von einem Mitarbeiter übergeben, der Finzen für vertrauenswürdiger hielt als seine Vorgänger. Dies war sozusagen der Spatenstich für die folgende Aufarbeitung der Vergangenheit und Verstrickung des Klinikums in die Machenschaften der Nazis zur Vernichtung jüdischen Lebens und der Rassenhygiene (Euthanasie).

Aufarbeitung

Damals begann die Aufarbeitung der Geschichte der psychiatrischen Klinik in Wunstorf. „Ein schwieriger Prozess sich mit der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen“, so Andreas Tänzer, Vorsitzender des Vereins „Psychiatrie bewegt“ und ehemaliger Chefarzt der Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie, im Gespräch mit dem Wunstorfer Stadtanzeiger. In den übergebenen Akten sind die damaligen Geschehnisse so genau beschrieben, so dass man weiß, dass im September 1940 158 psychisch Kranke jüdischen Glaubens aus Norddeutschland ins Klinikum nach Wunstorf transportiert wurden und von hier im gleichen Monat ins Zuchthaus Brandenburg und dann in den Gastod. Im Zuge des Euthanasie-Erlasses von Adolf Hitler wurden 1941 insgesamt 212 psychisch Kranke abtransportiert und vergast.

Stolperschwellen statt Stolpersteine

Alles begann mit der Initiative des Arbeitskreises „Erinnerungskultur“ (AK) unter dem Vorsitz von Andreas Varnholt. Der AK hat das Klinikum und den Förderverein „Psychiatrie bewegt“ mit ins Boot geholt. Bemerkenswert ist, dass der Förderverein von den Mitarbeitern des Klinikums ins Leben gerufen wurde und sich sowohl für die Aufarbeitung der Geschichte engagiert als auch für kleine Events. Zur Aufarbeitung wurde dann noch intern ein Arbeitskreis gegründet, in den auch Stadtarchivar Klaus Fesche involviert ist. Wobei die Zusammenarbeit mit städtischen Gremien bereits eine gute Tradition ist, wie Prof. Dr. Iris Tatjana Graef-Callies, Ärztliche Direktorin der KRH Psychiatrie Wunstorf, im Gespräch erläutert.

Aktuell werden zwei Stolperschwellen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus im öffentlichen Bereich des Klinikums am 12. Juni von Gunter Demnig, Künstler und Initiator der Stolpersteine und Stolperschwellen, verlegt werden. Mit Bedacht, so mutet es an, wurden die Verlegungsorte ausgewählt. Die erste Schwelle am Übergang in die Stadt (Verwaltung und Haus 7); die zweite Schwelle auf dem Weg zum Bahnhof (Telefonzentrale und Haus 3). Ob es zusätzlich noch Stoplersteine geben wird, hängt vom Stand der Aufarbeitung ab. In den Augen von Andreas Tänzer ist das ein Prozess, der sicher länger dauern wird. In diesem Zusammenhang erinnert Prof. Dr. Iris Tatjana Graef-Callies auch an die Aufarbeitung der Historischen Sammlung der Klinik, die noch nicht abgeschlossen ist und wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.


Verena Walter-Bockhorn (wb)
Verena Walter-Bockhorn (wb)

Freie Journalistin

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