In diesen Tagen fiebern wir alle der Europameisterschaft im Fußball entgegen. Einige von uns folgen vielleicht auch der Copa America. Psychologen haben herausgefunden, dass unsere Liebe zum Fußball viel mit unserem Bedürfnis nach sozialer Bindung zu tun hat. Menschen genießen es, Teil einer Gruppe zu sein, und wenn sie ihre Lieblingsmannschaft spielen sehen, fühlen sie sich ihr zugehörig und erfreuen sich an Gemeinschaft. Es ermöglicht den Menschen auch, ihre Emotionen offen auszudrücken, da das Anfeuern der eigenen Mannschaft ein Akt der kollektiven Freude oder Trauer sein kann - je nach Ausgang des Spiels.
Im Priesterseminar haben wir uns auch Fußball-Weltmeisterschaften, die EM und vor allem Cricket angeschaut. Inder lieben Cricket und sie spielen es sehr gut. Es gibt einige Mitbrüder, die unruhig sind, wenn ihre Mannschaft nicht gut spielt. Einige machen Kommentare, als ob sie besser als die Spieler spielen könnten. Manche Menschen können eine Niederlage nicht akzeptieren und verbringen schlaflose Nächte. Einige sind überglücklich, weil das Team gewonnen hat und schmeißen eine Party. Eigentlich haben sie nichts zum Verlieren und Gewinnen beigetragen. Der Gedanke an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Team ist für unsere Freude und Trauer verantwortlich, weil viel Emotion darin steckt. Jetzt weiß ich, warum ich einmal ein verrückter Fan von Barcelona war, als Lionel Messi dort spielte. Auch ich hatte dieses Zugehörigkeitsgefühl gehabt. Ich habe nichts getan, war aber voller Emotion. Das menschliche Herz ist voller Emotionen und Wünsche. „Deine Emotionen sind die Sklaven deiner Gedanken, und du bist der Sklave deiner Emotionen.” So formuliert es Elizabeth Gilbert.
Im vierten Jahrhundert lebte ein berühmter Mann namens Augustinus, der ein Leben nach seiner Begierde, nach seinen Wünschen führte. Er schrieb in seinen Confessiones, in seinen Bekenntnissen, der ersten Autobiographie der Weltliteratur: „Ich war in die Liebe verliebt und hasste die Sicherheit.” Er folgte der Leidenschaft in seinem eigenen Herzen, fand aber bald, dass er ein Sklave dieser Leidenschaften war. Er erfüllte seine Wünsche und Begierden. Aber er fühlte sich nicht geliebt und nicht glücklich. Er war vielmehr unruhig. In seiner Rastlosigkeit begann er, nach der Wahrheit und nach dem Sinn des Lebens zu suchen und sein Herz war nicht vom Schlaf überwältigt worden. Auf diese Weise entdeckte er, dass Gott auf ihn wartete. Die Unruhe der Suche nach der Wahrheit, der Suche nach Gott wurde zur Unruhe, ihn immer besser kennenzulernen und aus sich selbst herauszukommen, um ihn den anderen bekannt zu machen. Gott zu finden und kennenzulernen war seine größte Leidenschaft geworden. Nachdem er Gott in seinem unruhigen Herzen gefunden hatte, sagte er: „Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.“
In diesen Tagen beim Fubßballschauen erleben auch wir Unruhe und warten auf den letzten Pfiff des Schiedsrichters. Viele von uns leiden aber auch unter spiritueller Unruhe wie Augustinus. Sehr oft schauen wir nicht in die Tiefen unseres Herzens und fragen, ob wir ein Herz haben, das sich nach etwas Großem sehnt, oder ein Herz, das von Dingen der Welt in den Schlaf gewiegt wurde. Ausgustinus konnte die Niederlage seines spirituellen Lebens nicht akzeptieren. Das Verlieren seines früheren Lebensstils war der Sieg gegen seine Begierde. Das Spiel mit Gott war ganz ruhig. Er fand seine Zugehörigkeit in Gottes Mannschaft und darin steckte fortan seine Freude im Leben. Jede und jeder kann Ruhe in Gott finden, so wie es uns auch Jesus sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen.“ (Mt 11, 28.)