Pausenzeichen | Schaumburger Wochenblatt

06.06.2024 15:11

Pausenzeichen

Vikar Alexander Stichternath. (Foto: privat)
Vikar Alexander Stichternath. (Foto: privat)
Vikar Alexander Stichternath. (Foto: privat)
Vikar Alexander Stichternath. (Foto: privat)
Vikar Alexander Stichternath. (Foto: privat)

Eigentlich sollten die Bauarbeiten am Wilhelmsplatz längst abgeschlossen sein. Eigentlich. Und doch höre ich schon von Weitem das Dröhnen einer Rüttelplatte und das durchdringende Piepen eines Baggers im Rückwärtsgang. Noch bevor ich die Baustelle sehe, rieche ich sie: Diese eindeutige Kombination aus aufgewirbeltem Staub und Benzin. Beim Näherkommen fällt mein Blick auf eine Gruppe von Menschen in Warnwesten. Vier sind orange, eine ist neongelb. Sie stehen um einen Tisch herum. Die Hände aufgestützt, begutachten sie eine große, aufgeklappte Bauskizze. Ob sie zufrieden sind?

Ich schaue mich um. Zwei Fahrradständer sind schon fertig einzementiert; für drei Weitere immerhin die Löcher ausgehoben. Auch eine Wippe für Kinder gibt es – so eine mit einer großen Feder unten; in rot-gelb und grün. Ringsherum wurden Hecken und Sträucher gepflanzt. Bis sie hoch genug gewachsen sind, um etwas Sichtschutz zu bieten, wird es aber wohl noch ein paar Jahre dauern. Auf einmal höre ich, wie die Frau in neongelb etwas sagt. Dabei malt sie mit einem dicken Edding etwas in der Skizze ein. Der Klang ihrer Stimme dringt in Fetzen zu mir; aber der Lärm um mich herum verschluckt ihre Worte.

Eine normale Baustelle, denke ich. Doch auf einmal stutze ich. Irgendetwas fehlt... Ich schaue mich noch einmal um. Ja, tatsächlich. Etwas fehlt, genauer gesagt: Er fehlt. Der obligatorische Kaffeebecher. Jedenfalls gibt es in den Bilderbüchern meines Sohnes auf Baustellen immer einen; irgendwo vor sich hin dampfend. Ich schaue mich nochmal um. Die neben der Wippe aufgestapelten Platten wären ein guter Ort. Vielleicht auf dem Boden irgendwo? Fehlanzeige. Ich merke, wie sein Fehlen mich nervös macht. Klischee hin oder her: Er gehört in diese Szene und ich will einfach nicht akzeptieren, dass er nicht da ist.

„Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk, das er gemacht hatte. An diesem Tag ruhte er aus von all seiner Arbeit, die er getan hatte.“ Pausen sind wichtig. Ob auf einer Baustelle, beim Sport, in der Musik – oder bei der Erschaffung der Welt: Ohne Pausen geht es nicht. Wann haben Sie zuletzt bewusst eine Pause eingelegt?


Dirk Sassmann
Dirk Sassmann

DS

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