„Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Sprung für die Menschheit“. Neil Armstrong hatte völlig recht, als er diesen Satz am 20. Juli 1969 aussprach. Bei der Mondlandung machte Armstrong in der Tat nur einen kleinen Schritt, der sich nicht bedeutend von den etlichen Millionen Schritten unterschied, die er in seinem Leben bis dahin schon gemacht hatte. Wenn irgend etwas an diesem Schritt besonders war, dann vielleicht die Tatsache, dass er ungemütlich und kompliziert war. Der enganliegende Raumfahrtanzug ermöglichte dem Astronauten keine große Beweglichkeit. Es war deshalb auch wirklich und im wahrsten Sinne des Wortes nur ein kleiner Schritt, den Neil Armstrong an diesem historischen Tag machen konnte. Aber trotzdem: historisch war dieser Tag allemal und die Geschichtsbücher werden völlig zurecht bis in alle Ewigkeit behaupten, dass dieser Schritt bedeutungsvoller war als alle anderen seiner Schritte.
Nun bin ich kein angehender Raumfahrer, sondern angehender Pastor und Sie, lieber Leser, werden vermutlich ebenfalls nie aus eigener Erfahrung erleben, wie schwierig es ist, auf der sandigen Oberfläche des kalten, fernen Mondes Schritte zu machen. Aber Sie und ich kennen andere Schritte, die nicht weniger schwierig sind. Ein kleiner Schritt in die Richtung der Haustür eines Menschen, mit dem wir im Streit liegen kann sich als mindestens genauso schwierig erweisen. Eine kleine Fingerbewegung, mit der wir auf dem Telefon die Nummer einer Person eingeben, mit der wir schon seit langem kein Kontakt haben wollen – wie schwer kann das fallen! Allerdings gilt auch: wie befreiend kann das sein! Einen alten oder neuen Streit beizulegen mag zwar nicht „ein großer Sprung für die Menschheit“ sein, wohl aber ein großer Sprung im Leben eines jeden Menschen.
Der Apostel Paulus spricht uns im Römerbrief zu: „Lebt mit allen Menschen im Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt“ (Römer 12,18). Nicht jeder Streit lässt sich lösen, das stimmt. Aber wir sollten alles in unserer Macht stehende tun, um mit jedem Menschen im Frieden zu leben. Damit tun wir nicht nur dem Anderen etwas Gutes, sondern mindestens im selben Maße uns selbst. Denn einer der sichersten Wege zum Unglücklich-sein besteht darin, an Verletzungen und Enttäuschungen festzuhalten und sie wie Splitter in unserer Seele stecken zu lassen. Warum sollten wir das machen? Wir alle machen täglich mehr Fehler als uns lieb ist und wir alle brauchen Vergebung.
Außerdem entfernen wir uns im innerlich von Gott, wenn wir wütend sind. Denn es lassen sich die Hände nur schwer zum Gebet falten, wenn sie sich im Zorn zu Fäusten zusammenballen. Der Weg zur Versöhnung kann manchmal beschwerlich sein, aber er lohnt sich jedes Mal. Heute kann ein historischer Tag für Sie werden. Gott schenke Ihnen die Kraft und den Mut dazu, das richtige zu tun.