100jährige Traditionswerkstatt wird abgerissen | Schaumburger Wochenblatt

07.05.2024 15:52

100jährige Traditionswerkstatt wird abgerissen

Marlis und Erhard Meyer vor ihrem ehemaligen Wohnhaus mit Werkstatt in Lauenau. (Foto: gk)
Marlis und Erhard Meyer vor ihrem ehemaligen Wohnhaus mit Werkstatt in Lauenau. (Foto: gk)
Marlis und Erhard Meyer vor ihrem ehemaligen Wohnhaus mit Werkstatt in Lauenau. (Foto: gk)
Marlis und Erhard Meyer vor ihrem ehemaligen Wohnhaus mit Werkstatt in Lauenau. (Foto: gk)
Marlis und Erhard Meyer vor ihrem ehemaligen Wohnhaus mit Werkstatt in Lauenau. (Foto: gk)

In Kürze wird ein neuer EDEKA-Lebensmittelmarkt in der Ortsmitte vom Flecken Lauenau eröffnet. Schwierige Verhandlungen mit Eigentümern der Fläche und der politischen Gremien gingen dem voraus. Gebäude mussten weichen. Eines von ihnen, das Haus „Im Scheunenfeld 2“, gehörte Marlis und Erhard Meyer. Zu Redaktionsschluss stand sein Abriss kurz bevor. Damit geht dem Flecken Lauenau ein weiteres der ältesten Häuser mit langer Tradition, im Zentrum des Ortes verloren. Es ist über hundert Jahre alt. Das Haus beheimatet über viele Jahre vor allem Handwerksbetriebe.

Erhard Meyer kennt die Geschichte des Anwesens genau. „Im Jahre 1910 wurde das Haus an Schlosser Heinrich Peeck verkauft. Er fertigte Kunstschmiedestücke für Firma Voss und Sasse, später für das Unternehmen Casala und der Mühlenbaufirma Albrecht“, schildert Meyer. Ein Großfeuer vernichtete 1913 das Haus. „Es wurde aber schnell wieder aufgebaut, da es Anzeichen für einen ersten Weltkrieg gab.“ So wurde auf den noch erhaltenen Keller ein Haus nicht in Fachwerk, sondern in Massivbauweise errichtet. „Die nach oben führende Treppe war zuvor in der alten Rektorschule eingebaut, die vom Nachbarn, Karl Reinecke, als Geschenk gegeben wurde2, weiß Meyer zu berichten.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in einer vergrößerten Werkstatt auch Reparaturen an Fahrzeugen durchgeführt. Meyer: „Bis zum Zweiten Weltkrieg war mein Großvater auch Revisor für den Dampfkessel-Überwachungsverein-Hannover, später TÜV Nord tätig. So betreute er auch die Lokomobilen und Dampfmaschinen unserer örtlichen Stuhlfabrik. Für die Kinder fertigte er Modelldampfmaschinen, die noch heute gut funktionieren und in meinem Besitz sind.“ Sein Sohn Heinrich Peeck führte mit seiner Frau den Betrieb von 1948 bis 1979 weiter. Mit zunehmender Zahl von Kraftfahrzeugen wurde der Betrieb zur „Autoreparaturwerkstatt mit Abschleppdienst, Benzinverkauf und Mietwagen“.

„Da die Ehe meines Onkels kinderlos blieb, war ich es, der nach bestandener Gesellenprüfung ab 1964 im Betrieb mitarbeitete um die Tradition der Familie im Handwerk von 1979 bis 2008 fortzuführen. Gemeinsam mit meiner Frau Marlis“, betont er. Nach seiner Meisterprüfung im Kraftfahrzeughandwerk vergrößerten sie gemeinsam die Werkstatt, bauten das Haus um und vergrößerten die Parkplatzfläche durch Zukauf.

Aus Gesundheitsproblemen musste Erhard Meyer 2008 den Betrieb aufgeben. Ralf Iwan aus Ohndorf wurde sein Nachfolger. Seit 2018 zeichnete sich ab, dass in zentraler Ortslage des Flecken Lauenau ein moderner und größerer Lebensmittelmarkt entstehen sollte. Meyer: „Eine Zulieferung würde aber nur möglich werden, wenn unser Gebäude und die Parkflächen dazu weichen würden.“ Daher verkauften sie das Haus mit Grundstück an die Investoren. Und das sieht Meyer heute sehr positiv: „So schufen meine Frau und ich beste Voraussetzungen für den Bau eines neuzeitlichen Marktes in unserem Ort Lauenau.“ Auch, wenn das Häuserensemble in Lauenaus Mitte ein Verlust dadurch hinnehmen muss.


Winfried Gburek
Winfried Gburek

Freier Redakteur Schaumburger Wochenblatt

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