Man könne den sich schon seit längerer Zeit vollziehenden Wandel vielleicht als Abkehr von der „versorgten Pfarrgemeinde“ hin zu einer „sorgenden Gemeinde“ beschreiben, erklärte Pfarrer Markus Grabowski. Jede Pfarrgemeinde mit ihrem Pfarrer, einem Diakon und der eigenen Gemeindereferentin, dieses einst gewohnte Bild gehöre längst der Vergangenheit an. Vielmehr sei es heute so, dass die getauften und gefirmten Gläubigen Kirche als ihre Kirche entdecken und sich darin in zunehmenden Maße ehrenamtlich einbringen, ja für ihre Kirche sorgen müssten.
Grabowski übt die Leitungsfunktion im heimischen „Team im Überpfarrlichen Personaleinsatz“ (ÜPE) aus. Das ÜPE, gebildet aus sieben pastoralen Personen, wird sich seelsorgerisch um die vier Schaumburger Pfarreien kümmern, nämlich einmal Stadthagen (Kirchorte Stadthagen, Lindhorst, Sachsenhagen), Bad Nenndorf (Kirchorte Bad Nenndorf, Lauenau, Rodenberg, Hohnhorst), Rinteln (Kirchorte Rinteln, Hessisch Oldendorf, Hemeringen) sowie Bückeburg (Kirchorte Bückeburg, Rehren, Obernkirchen). Dabei bleiben diese Pfarreien kirchenrechtlich eigenständig. Pfarrer Michael Lerche, rund acht Jahre für die Pfarrgemeinde Bad Nenndorf zuständig und Pfarrer Peter Wolowiec, rund 12 Jahre für die Pfarrgemeinde Rinteln zuständig, werden anderweitig im Bistum Hildesheim eingesetzt. Der überpfarrliche Personaleinsatz im Schaumburger wurde bereits seit einigen Jahren vorbereitet. ÜPE, überpfarrlicher Personaleinsatz, dieses Modell von pastoralen Teams, die mehrere Pfarreien begleiten, wird seit einigen Jahren im Bistum Hildesheim eingesetzt, um die insgesamt 119 Pfarrgemeinden zu begleiten. Diese sollen erhalten bleiben und nicht weiter fusionieren.
Grabowski verhehlte nicht, dass mit dem Übergang zu den ÜPE auch Probleme einhergehen. „Die Beziehung zwischen Pfarrer und Gemeinde ist nicht mehr so stark, wie sie einst war“, räumte er ein. Der Pfarrer sei nicht mehr das gewohnte Gesicht vor Ort, als Seelsorger und verlässlicher Ansprechpartner für alles. Manche Gläubige würden sich schwer mit der Umstellung tun, die unbeständige Begleitung als „ chaotisch“ empfinden.
Das ÜPE-Team hat nun den Auftrag, die pastoralen Aufgaben klar einzuteilen und Ehrenamtlichen mehr Verantwortung zu geben. Bei allem übergreifendem Engagement seien die ÜPE-Mitglieder in den einzelnen Pfarreien verortet und setzen Schwerpunkt. Fünf Hauptamtliche wirken in Schaumburg mit, neben Pfarrer Grabowski als Leitendem sind dies Pastor Tomy Jose und Pastor Jacob Thaile, Gemeindereferentin Sabine Kalkmann und der pastorale Mitarbeiter Marcel Heinle. Hinzu kommen die beiden Diakone im Zivilberuf Berthold Koch und Günter Fichte.
Rund 16.000 Katholiken leben in Schaumburg, Diasporagebiet gegenüber der evangelischen Mehrheit. Die Zahl der kirchenfernen Menschen, die sich von der Kirche entfremdet hätten oder ausgetreten seien, habe sich gerade auch im Zusammenhang mit dem Kindesmissbrauch erhöht, wie Grabowski erklärte.
Es sei jedoch „ermutigend zu sehen, dass sich immer wieder Menschen finden würden, die sich einbringen und engagieren“. Zu betonen sei auch der Einsatz derjenigen, die schon lange vor Ort auf verschiedenen Ebenen und Funktionen Verantwortung übernehmen und so einen sehr kostbaren Dienst leisten würden. Wichtige Aufgabe des ÜPE sei es auch, diese Engagierten zu begleiten und zu unterstützen. So zum Beispiel die beauftragten Laien, die Beerdigungsgottesdienste leiten.
Markus Grabowski betonte, dass die Umsetzung der Aufgaben des ÜPE im Detail im Austausch mit den Pfarrgemeinden weiterentwickelt würde. Jede Pfarrei und jeder Kirchort solle so weit wie möglich liturgisch einbezogen werden, die Gottesdienste möglichst „gerecht“ regional verteilt werden. Wichtige Aufgabe bleibe es zudem, sich in der Diaspora „nicht einzuigeln“ und sich nicht etwa in eine „Kuschelecke“ zurückzuziehen. Kirche müsse auf die Welt zugehen. Weiterhin sei die Ökumene zu pflegen, Kirche müsse im gesellschaftlichen Leben präsent sein, Stellung nehmen, weiterhin zumindest punktuell im Ortsleben wie etwa bei Schützenfesten sichtbar werden.
Am 3. September wird sich das ÜPE in Bad Nenndorf in der Kirche vom Heiligen Rosenkranz um 15 Uhr bei einem Gottesdienst vorstellen. Der Einführungsgottesdienst in Rinteln folgt am Sonntag, dem 10. September um 15 Uhr. Am 17. September um 11 Uhr wird das Team im Familiengottesdienst als auch dem anschließenden Pfarrfest in Stadthagen präsent sein.
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