Sie schützen einander in Eiseskälte von bis zu minus 180 °C, indem sie ganz eng im Kreis zusammenstehen und das zukünftige Leben unter ihrem Gefieder auf den Füssen wärmen. Die Tiere rotieren solidarisch und helfen einander zu überleben. Sie tun alles, um das Leben zu schützen und die Zukunft zu sichern. Revierverhalten, Konkurrenzkampf – Fehlanzeige. Treue, Solidarität und Fürsorge – das ist der Über-Lebensschlüssel der Kaiserpinguine.

In einigen Tagen jährt sich der Kriegsbeginn in der Ukraine. Am 24. Februar 2022 marschierten russische Soldaten ein. Um das eigene Leben und das der Kinder zu schützen, sind tausende Menschen in benachbarte Länder geflohen. Andere schützen tapfer das eigene Land, indem sie an der Front kämpfen und die Waffe auf den Feind richten. Sinnloses Blutvergießen auf beiden Seiten. Der Krieg greift längst über die Grenzen der Ukraine hinaus und hinterlässt am Ende keine Sieger, sondern nur Verlierer. Wir sind längst alle in den Sog der drohenden Vernichtung einbezogen.

„Schütze das Leben.“ Dieses positiv gewendete Fünfte Gebot heißt ursprünglich: „Nicht sollst du töten.“ Das hebräische Wort „Rasoh“, das im Buch Exodus 20,13 zu finden ist, meint eigentlich „morden“. In der Bibel des Alten Testaments war Töten nicht grundsätzlich verboten. Das Töten im Verteidigungskrieg oder das Schützen der eigenen Sippe als Notwehr war durchaus erlaubt und wird auch heute von der Kirche moralisch durchaus gerechtfertigt. Entscheidend bleibt jedoch der positive Auftrag, der dem Fünften Gebot zu entnehmen ist: „Schütze das Leben“. Der biblische Glaube lässt uns das Leben des gesamten Kosmos als Gabe Gottes begreifen, das heilig und damit unantastbar ist. Dem Menschen, der nach dem Gleichnis und Bild Gottes geschaffen ist, kommt dabei eine besondere Würde zu. Der Mensch, der von seinem Schöpfer mit Freiheit betraut ist, muss mit besonderer Achtung das Gut des Lebens verteidigen. Im Buch Deuteronomium lesen wir: „Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen.“ (Dtn 4,26)

„Schütze das Leben“. Wir wissen nicht nur von Kain, der seinen Auftrag verfehlt und sich mit seinem zynischen Ausspruch jeder Mitverantwortung, Mitmenschlichkeit und Würde entledigt hat: „Bin ich denn Hüter meines Bruders?“ (Gen 4.9) Auch heute erleben wir allerorts, wie sich Tod und Mordschlag im Abgrund menschlichen Herzens bahn bricht. Ein 14-Jähriger bringt einen Gleichaltrigen im Wald bei Wunstorf um. Er sprach ihm seine Lebenswürde ab. Der Mord begann schon mit Mobbing, Wut und Hass, eben mit einem kalten lieblosen Herzen.

Die Natur in der Antarktis macht uns manchmal kaiserlich vor, was wir Christen nach dem Beispiel Jesu und dem Wort seiner Bergpredigt als erlöste Kinder Gottes umso mehr beachten müssen: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du gottloser Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“ (Mt 5,21-22).