Zerstört ein neues Haus das alte Ortsbild?
Bauabsichten am südlichen Lyhrener Ortsrand haben Kritiker auf den Plan gerufen. Zwar soll dort nur ein Haus entstehen; aber das Gebäude würde die bisher ausgesprochen harmonische Silhouette des Dorfes stören. Doch die Gegner des Projekts sehen selbst kaum Möglichkeiten es zu verhindern: Formalrechtlich ist offenbar alles in Ordnung. Noch vor 27 Jahren war das landwirtschaftlich und durch seine großen alten Höfe geprägte kleine Lyhren ein Vorzeigeort: In einer dicken Broschüre über „Dörfer im Schaumburger Land” wurde es als eines der besterhaltenen Dorfbilder der Region gelobt. Inzwischen hat sich am westlichen Ortsrand allerhand Neumodisches getan. Nun soll auch in südlicher Richtung etwas passieren: In die Reihe der großen Gebäude mit ihren roten Dächern und dunklen Backsteinwänden könnte sich ein Neubau zwängen. Die Erdarbeiten haben bereits begonnen. Im Frühjahr hatte deshalb Lyhren bereits landesweite Aufmerksamkeit unter Experten gefunden. Die Rote und die Weiße Mappe beschäftigten sich mit der Angelegenheit. Die beiden Dokumente werden regelmäßig zwischen dem Niedersächsischen Heimatbund (NHB) und der Landesregierung ausgetauscht. In der Roten Mappe wird die Situation der Heimatpflege kritisch hinterfragt, darunter auch Denkmalpflege und der Erhalt der Kulturlandschaft. Die Weiße Mappe enthält dazu Antworten. Im Fall Lyhren beklagt der NHB, dass die Gemeinde Apelern durch planungsrechtlichen Beschluss ein Wohnhaus in unmittelbarer Nähe der vorhandenen historischen Bebauung zulasse und zitiert aus jener Veröffentlichung von 1989. Die Antwort der Landesregierung fällt knapp aus. Im Rahmen ihrer Planungshoheit habe die Gemeinde Apelern eine Innenbereichssatzung aufgestellt, die Öffentlichkeit beteiligt und die vorgetragenen Stellungnahmen mit in die Entscheidung einbezogen. Da es sich um eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises handelt, gebe es keinen Raum für ein fachaufsichtliches Einschreiten des Sozialministeriums, heißt es in der Weißen Mappe. Pikanterweise war gerade diese Behörde Herausgeber jener Broschüre. Dass die Gemeinde die mögliche Zerstörung des Ortsbilds bei ihrer Entscheidungsfindung nicht ausreichend gewürdigt hat, bemängelt Nachbar Reiner Behme. Der Besitzer eines dieser alten Höfe kann es nicht verstehen, warum der Rat unbedingt hier eine Zäsur im alten Häuserbestand schaffen will und nicht am westlichen Ortsende die dortige Neubautätigkeit fortsetze. Behme räumt ein, dass das kommunale Verfahren „möglich, zulässig und legitim” gewesen sei. Dennoch spreche es gegen seinen Gerechtigkeitssinn, wenn ohne Not ein historisch gewachsenes Ortsbild auf diese Weise zerstört werde. „Das neue Haus wäre zwar für uns kein großer Schaden”, macht Behme deutlich, aber „die persönliche Betroffenheit” sei schon sehr groß. Seit über drei Jahrzehnten sorgen er und Ehefrau Ingrid für den denkmalgerechten Erhalt des eigenen Familiensitzes in der nicht minder gewachsenen historischen Umgebung.