Der wichtigste Satz im Oberweser-Memorandum 2024 lautet: „Die Bedeutung der Oberweser in der Region als sauberes Fließgewässer, als attraktives Ziel des Wassertourismus und als unverzichtbare Binnenwasserstraße für gewerbliche Schifffahrt gilt es zu sichern!“ Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. und Vorsitzender des Weserbund e.V., stellte beim „Wesertag 2024“ diesen Dreiklang an Forderungen in den Mittelpunkt der Ziele des Weserbund, der sich als Lobby der Weser sieht. Doch wie lässt sich das alles in Einklang bringen? Dazu waren beim Wesertag in Rinteln zahlreiche Akteure entlang der Weser nach Rinteln eingeladen, um bei Impulsvorträgen ihre Sicht auf die Weser als Bundeswasserstraße, als ökologischer Raum für Artenvielfalt, als Fluss mit Hochwassergefahren und Motor für wirtschaftliche und soziale Impulse für die Anrainer zu schildern. Was an Grundvoraussetzungen für die Binnenschifffahrt auf der Weser vorhanden sein muss, das schilderte Beckmeyer sehr eindringlich: „Verlässlichkeit für einen regelmäßigen Fahrplan der Frachtunternehmen, zuverlässig funktionierende Schleusen möglichst rund um die Uhr, ausreichend tiefe Fahrwege und der Erhalt der Binnenwasserstraße Weser auf ganzer Flusslänge: „Wer über das Blaue Band der Weser spricht, muss auch an die Binnenschifffahrt denken“, so Beckmeyer. Diese wirtschaftliche Lebensader brachte auch Rinteln einst Güter und Geld in die Stadt. Bürgermeisterin Andrea Lange sah in Rinteln einen sehr guten Ort für den Wesertag, zumal Rinteln Weihnachten 2023 nicht nur Stadt „an“ sondern „in“ der Weser gewesen sei. Regierungspräsident Mark Weinmeister aus Kassel ist zwar nicht direkter Weseranlieger, aber die Frage, wie viel Wasser die Edertalsperre über die Eder in die Fulda und somit auch in die Weser abgibt, bewegt viele Menschen in der Region mit ihren unterschiedlichen Interessen. Und die liegen nicht nur in der Frage, ob man den Pegelstand für die Binnenschifffahrt garantiere, sondern auch im Hochwasserschutz und in der Stromerzeugung. Staatsrat Kai Stührenberg aus Bremen sah das Spannungsfeld der Weser in ihrer ökologischen Funktion und der optimalen Nutzung durch die Binnenschifffahrt. Er hoffte darauf, dass das bereits lange anhaltende Verfahren zur Vertiefung der Weser noch vor seinem Ruhestand als erledigt angesehen werden könne und stellte fest: „Was die Infrastruktur angeht, wurden Jahrzehnte verschlafen; jetzt müssen wir investieren, sonst sind wir die Verlierer im internationalen Wettbewerb!“ Seine Forderung: Man müsse Schwerpunkte setzen und beispielsweise bei der Konkurrenz von Klimaschutz und Naturschutz Entscheidungen treffen, die einer Seite nicht gefallen. Anhaltender Beifall signalisierte Unterstützung für Stührenbergs Auffassung. Udo Sieversding ist Abteilungsleiter im Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Sein Interesse ende allerdings nicht in Minden am Hafen, wo durch die Weser und den Mittellandkanal ein reger Umschlag von Gütern stattfindet: „Da ist sogar noch Potenzial nach oben!“ Er sah in der Binnenschifffahrt Zukunftschancen für den Güterverkehr am Beispiel Wasserstofftransport, Transport von Amoniak, von CO2 zur Verpressung im Boden und in der Kreislaufwirtschaft. Allerdings: „Unsere Binnenhäfen haben einen enormen Investitionsbedarf und den Bund kümmern erst einmal nur die Seehäfen!“ Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer wohnt im Landkreis Holzminden und ist mit der Weser und ihren Problemen vertraut. Als echter „Motor“ für die Binnenschifffahrt outete sich Meyer zwar nicht, dennoch hält er Binnenschifffahrt für klimafreundlich und freute sich, dass er zusammen mit Ministerpräsident Stefan Weil die erste E-Fähre zwischen Norddeich und Norderney einweihen konnte. In solchen klimaneutralen Antriebsmethoden sah er auch die Zukunft der Binnenschifffahrt auf der Weser. Er sah Probleme in der Weser durch die starke Salzbelastung durch Kali & Salz sowie durch die durch Starkregenereignisse stark schwankenden Wasserstände. Es müsse eine Balance zwischen Nutzung und Schutz der Weser geben, so Meyer reichlich unbestimmt. Das Memorandum für die Oberweser ist eine Art Wunschliste, Willenserklärung des Weserbundes. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Die realen Chancen darauf, dass auf der Weser wieder wie früher die Frachtschiffe rauf und runter fahren, dürften marginal sein.