Bergmanns Plauderecke
Kennen Sie eigentlich noch „Hausmeister Krause“? Schauspieler Tom Gerhardt spielte viele Jahre lang die Rolle des Herrschers über einen Wohnblock in Köln. Mit harter Hand achtete er penibel auf die Einhaltung aller geschriebenen und ungeschriebenen Regeln der Hausgemeinschaft und zeigte dabei das klassische „Treten (nach unten) und Buckeln (nach oben)“. Vor Jahrzehnten haben wir auch einmal in einem Mehrfamilienhaus nahe Hameln gewohnt – das Hausmeisterehepaar erscheint mir heute wie eine Kopie von Hausmeister Krause. Besonders argwöhnisch achtete der, von den Bewohnern häufig „Blockwart“ genannte Mann, auf das Verbot, den Rasen hinter dem Haus zu betreten. Insbesondere für die wenigen Kinder im Haus bedeutete das, auf der Straße spielen zu müssen oder sich mächtig Ärger einzufangen. Dies alles fiel mir ein, als ich die Geschichte der Großmutter, sie ist mir persönlich bekannt, eines Fünfjährigen hier in Schaumburg hörte. Der Junge ist verrückt nach Wasser, Schwimmbadwasser natürlich – nicht zum Trinken. Was lag also näher, als ihm so schnell und so früh wie möglich, das Schwimmen beizubringen. Wieder etwas „Thekenwissen“ an der Stelle: Laut Deutscher Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), kamen 2021 299 Menschen bei Badeunfällen in Deutschland ums Leben. 17 Kinder im Vor- und Grundschulalter waren dabei (2020: 23). Nach einer Pressemeldung der DLRG vom Februar 2023 betrug die Zahl der tödlichen Badeunfälle 2022 sogar 355, bei Kindern die 2. häufigste Unfallursache mit Todesfolge. Zurück zur Geschichte. Mit großer Freude und viel Spaß an der Sache, nahm der Junge die Ausbildung zum Seepferdchen in Angriff. Ausgesucht hatten seine Eltern extra ein Bad, in dem seit vielen Jahren Generationen von Kindern das Schwimmen gelernt hatten. Kurz nach Beginn des Kurses erhielten die Eltern dann die Mitteilung, dass der Schwimmkurs ausfallen müsse. Eine ältere Dame, die zu der Zeit dort schwimmen würde, fühlte sich durch den Lärm der Kinder gestört und an der Ausübung ihres Sportes behindert. An der Stelle könnte ich normalerweise aufhören zu schreiben, die Geschichte geht jedoch weiter. Der Seniorin wurde Recht gegeben und der Kinderschwimmkurs trotz Gesprächsversuchen seitens der Eltern, abgebrochen. Hier wurde ich tatsächlich an Hausmeister Krause und auch an unser Hausmeisterpaar aus grauer Vorzeit erinnert. Kinder sind unerwünscht und „nach unten Treten, nach oben Buckeln“ im übertragenen Sinne natürlich. Kaum vorstellbar, aber die Story ist noch nicht zu Ende. Wie gesagt, der Junge musste unbedingt Schwimmen lernen. Die Familie suchte ein anderes Bad in Schaumburg auf und buchte einen Kurs bei einer privaten Schwimmlehrerin. Alles lief perfekt, bis zu dem Tag, an dem alle Mühen mit dem begehrten Abzeichen belohnt werden sollte. Vielleicht kann sich die Leserin und der Leser noch an den eigenen Stolz erinnern, mit dem das erste Abzeichen an der Badehose oder dem Badeanzug getragen wurde. Zeitweise prangten sogar mehrere Abzeichen an der Schwimmbekleidung. An diesem wichtigen Tag im Leben des Jungen wurde er von einem Teil der Familie begleitet, natürlich um das Ereignis entsprechend zu würdigen. Den Seepferdchen-Test bestand der Prüfling unter den Augen mehrerer Mitarbeiter des Bades mit Bravour. Nur diese waren berechtigt und in der Lage, das begehrte Abzeichen zu verleihen. Mit den Worten, man habe keine Zeit für die das Ausfüllen der Formulare sowie der Verleihung und außerdem seien gar keine Abzeichen vorrätig, wandten sich die „Prüfer“ ab und ließen Schwimmer und Familie zurück, wohlgemerkt, nachdem sie die ganze Prozedur beobachtet hatten. Den gesamten Weg bis nach Hause liefen riesige Krokodilstränen über das Gesicht des Jungen und es bedurfte viel Trostarbeit, um ihn zu beruhigen. Glücklicherweise existieren in Schaumburg noch weitere Bäder – notfalls wäre man auch in einen Nachbarlandkreis gefahren. In diesem dritten Hallenbad kam sich die Familie vor, als wären sie in einer anderen Welt gelandet. Voller Freude darüber, dass der Fünfjährige sein Seepferdchen ablegen wollte, nahm ihn der Schwimmmeister in Empfang. Erneut wurden die Prüfungen erfolgreich erledigt und Mama, Papa, Oma und Opa waren ebenso stolz wie der frischgebackene Schwimmer. Klar natürlich, wo demnächst der Freischwimmer, so hieß die nächste Stufe zu meiner Jugendzeit, abgelegt wird. Ich wünsche mir, die Seniorin liest diese Geschichte – Hausmeister Krause lässt grüßen.