Politik unter Zugzwang | Schaumburger Wochenblatt

Politik unter Zugzwang

Auf dem ehemaligen Freibadgelände (v.li.) Heinz Widdel, Thomas Silbermann und Torben Klant. (Foto: tau)
Auf dem ehemaligen Freibadgelände (v.li.) Heinz Widdel, Thomas Silbermann und Torben Klant. (Foto: tau)
Auf dem ehemaligen Freibadgelände (v.li.) Heinz Widdel, Thomas Silbermann und Torben Klant. (Foto: tau)
Auf dem ehemaligen Freibadgelände (v.li.) Heinz Widdel, Thomas Silbermann und Torben Klant. (Foto: tau)
Auf dem ehemaligen Freibadgelände (v.li.) Heinz Widdel, Thomas Silbermann und Torben Klant. (Foto: tau)

Wie soll es mit dem ehemaligen Freibadgelände in der Kernstadt weitergehen? Das ist eine Frage, die seit der Schließung des Bades im Jahr 2013 unbeantwortet ist. Eine Bürgerbeteiligung im Jahr 2015 mit rund 150 Teilnehmern ergab zwar eine Menge Ideen, doch ernsthaft verfolgt wurde bislang nichts. Bis heute wirkt es so, als habe die Politik Angst, sich die Finger zu verbrennen. Inzwischen haben Bürger Unterschriften gesammelt und einen Arbeitskreis gebildet, der eigene Vorschläge macht und somit die Politik unter Zugzwang setzt. Die hat jetzt reagiert und stellt eine eigene Idee zur Diskussion.

Renaturierung der Südaue

Der Vorschlag trägt den Titel: Renaturierung der Südaue und Aufwertung des Jahnplatzes. Ortsbürgermeister Thomas Silbermann und die beiden baupolitischen Sprecher von SPD und CDU im Stadtrat, Torben Klant und Heinz Widdel, haben die Idee ausgearbeitet und wollen diese in die anstehenden Haushaltsberatungen einbringen. Das Vorhaben sieht vor, den Auelauf aus seiner künstlichen Führung zu befreien und in einem naturnahen Verlauf durch den Jahnplatz zu leiten. Hier könne man sich auch Wassertretstellen vorstellen, um den Bürgern einen direkten Zugang zur Aue zu ermöglichen. Was konkret möglich ist, müsse noch besprochen werden.

Die Umsetzung soll aber in Kooperation mit dem Unterhaltungsverband 53 – West- und Südaue erfolgen, der bereits Erfahrung mit Renaturierungsprojekten hat, auch im Bereich der Alten Südaue. So wurde im Jahr 2016 das Bett des Flusses im Südwesten angepasst. Das könne man auch in Richtung Kernstadt tun und sogar einen mäandernden Lauf wiederherstellen. Über Fördermittel ließe sich die Finanzierung eines solchen Vorhabens sicherstellen, sagt Heinz Widdel, der auch Verbandsvorsteher des Unterhaltungsverbandes 53 ist. Bislang gebe es noch eine Reihe von Fördertöpfen, die man anzapfen könne, sagt er. Der Vorschlag sieht deshalb vor, mit den Planungen nächstes Jahr zu beginnen und eine Fertigstellung bis 2028 anzustreben.

In Bewegung gesetzt

Von Aufwertung und der Nutzung ökologischer Potenziale ist die Rede. Das Projekt sei eine Chance, vor allem aber auch ein Signal an die Bürger, die eine Bebauung des ehemaligen Freibadgeländes und des Jahnplatzes befürchten. ”Wir wollen den Jahnplatz nicht bebauen, sondern als naturnahen Raum erhalten”, sagt Silbermann, der auf Missverständnisse in der Wahrnehmung hinwies. Für Unruhe hatte ein Gutachten gesorgt, dass sich mit der Frage beschäftigte, ob eine mögliche Bebauung Auswirkungen auf die Luftzirkulation in der Kernstadt hat. Silbermann spricht von einem Faktencheck, die Anlieger von möglichen Hintergedanken.

Zuletzt übergab die Bürgerinitiative „Rettet die grüne Lunge Wunstorfs“ eine Unterschriftenliste an den Bürgermeister und ein Arbeitskreis kündigte Vorschläge für eine nachhaltige Nutzung des Grüngürtels an, inklusive einer möglichen Finanzierung über Fördermittel. Der Bürgermeister begrüßte das, sagte aber auch, dass der Ball in den Reihen der Politik liege. Das hat offenbar für Bewegung gesorgt. „Mit diesem Vorschlag reagieren wir auf die Forderungen, den Jahnplatz als Naturfläche zu erhalten und aufzuwerten”, sagt Torben Klant.

Den Ball zurückgespielt

Das etwas passieren musste, war ohnehin klar. Denn als sich SPD und CDU 2021 zur Mehrheitsgruppe im Stadtrat zusammenfanden, schrieben sie in ihre Vereinbarung unter dem Stichwort Wohnen folgendes. ”Wir wollen das alte Freibadgelände sowie den Jahnplatz als attraktiven Naherholungsbereich mit moderater Randbebauung entwickeln.” Dieser Satz orientierte sich noch an dem Ergebnis der Zukunftskonferenz aus dem Jahr 2015. Allerdings zeigte sich im Verlauf dieser Wahlperiode, dass das Vorhaben wenig Priorität besitzt. Sowohl innerhalb der Verwaltung als auch im politischen Raum gab es öffentlich kaum Bewegung in der Sache.

Noch vor der Kommunalwahl 2021 trat Stadtbaurat Alexander Wollny seinen Dienst in Wunstorf an. Auch er reihte das Thema damals schon nicht ganz vorne ein. Daran hat sich im Prinzip bis heute wenig geändert. Zuletzt hieß es, dass man sich bei der Wohngebietsentwicklung auf die Ortsteile konzentrieren wolle und die begrenzten Planungskapazitäten dort auch erschöpfend gebunden seien. Jedoch scheint die Politik jetzt endlich erkannt zu haben, dass ein Schieben auf die lange Bank mehr Probleme schafft als löst. Mit dem Beschluss, den Jahnplatz nicht zu bebauen ist ein Anfang gemacht.

Nun soll ein Gesamtkonzept folgen, dass die Aspekte Naherholung und Ökologie herausstellt und damit auch eine Lösung für das bislang brachliegende Freibadgelände schafft. In seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Bäderbetriebe wünscht sich Thomas Silbermann daher auch, dass mit dem vorliegenden Vorschlag ein Weg eröffnet wird, das Grundstück zwecks Umgestaltung zurück in städtische Hände geben zu können. Damit wird im Grunde auch der Ball elegant zurück ins Rathaus gespielt.


André Tautenhahn (tau)
André Tautenhahn (tau)

Freiberuflicher Journalist

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