Fusion wird empfohlen | Schaumburger Wochenblatt

Fusion wird empfohlen

Bislang prägend für die Stadt: Die Stadtsparkasse Wunstorf. (Foto: tau)
Bislang prägend für die Stadt: Die Stadtsparkasse Wunstorf. (Foto: tau)
Bislang prägend für die Stadt: Die Stadtsparkasse Wunstorf. (Foto: tau)
Bislang prägend für die Stadt: Die Stadtsparkasse Wunstorf. (Foto: tau)
Bislang prägend für die Stadt: Die Stadtsparkasse Wunstorf. (Foto: tau)

Die Gespräche zwischen Stadtsparkasse Wunstorf und Sparkasse Hannover über eine Fusion sind abgeschlossen. Eine rechtliche Zusammenlegung beider Institute wird zum 1. Januar 2025 empfohlen, wie Bürgermeister Carsten Piellusch der Presse am Freitagabend mitteilte. Nun ist die Politik am Zug.

”Sparkasse Wunstorf will sich in Fusion flüchten”, so titelte das Handelsblatt im Juli. Die Pläne der beiden Häuser sorgen nicht nur lokal, sondern auch bundesweit für Aufsehen. In Zahlen ausgedrückt: 353 deutsche Sparkassen gibt es, Platz 6 (Bilanzsumme rund 20 Milliarden Euro und etwa 1900 Mitarbeiter) übernimmt Platz 334 (Bilanzsumme rund 726 Millionen Euro und rund 60 Mitarbeiter). Das Ergebnis der Verhandlungen, das beide Verwaltungsräte unterstützen, liefert aber noch ein wenig mehr.

Geben und Nehmen

Mit der Fusion verliert die Stadt Einfluss, da sie nicht mehr im Verwaltungsrat vertreten sein wird. Es soll aber ein Fusionsbeirat mit ausschließlich Wunstorfer Mitgliedern gebildet werden, der dem Vorstand der vereinigten Sparkasse beratend für die Dauer von drei Jahren (bis 31. Dezember 2027) zur Seite gestellt wird. Auf der Habenseite kann die Stadt die Gründung einer Stiftung mit einem Stiftungskapital in Höhe von 6 Millionen Euro verbuchen. Aus den Erträgen können auch künftig Projekte in den Bereichen Kultur, Sport, Sozialem, Umwelt-/Naturschutz und Denkmalpflege in Wunstorf gefördert werden. In Summe werde das mehr als bisher sein, sagte Piellusch auf Nachfrage. Ein Stiftungsvorstand sowie ein Kuratorium wird über die Mittelvergabe entscheiden. Außerdem wird die Sparkasse Hannover auch weiterhin Spenden und Sponsoring betreiben. Hier nimmt Wunstorf aber keine Sonderstellung ein, da alle Regionen des Geschäftsgebietes gleichermaßen berücksichtigt werden.

Neues Beratungszentrum

Die Pläne für einen etwa 15 Millionen teuren Neubau, den der jetzige Vorstand der Stadtsparkasse Wunstorf verfolgt hat, werden auch unter dem Dach der Sparkasse Hannover weiterverfolgt. Hier müsse das Innenraumkonzept aber noch einmal überarbeitet werden, da nun keine Vorstandsbüros mehr benötigt würden, so Piellusch. Entstehen soll ein Beratungszentrum mit vollem Leistungsspektrum, was die bisherige Filiale der Sparkasse Hannover, die ebenfalls in der Langen Straße beheimatet ist, überflüssig macht. Sie geht im neuen Beratungszentrum auf. Insgesamt sollen sich Umfang und Qualität der Beratung verbessern. Vorgesehen ist auch ein etwa 100 Quadratmeter großer Raum für die öffentliche Nutzung mit separatem Zugang. Bei den Neubauplänen soll es nun zügig vorangehen. Das Ziel ist ein Bauantrag zum Ende des ersten Quartals 2025, so Piellusch auf Nachfrage.

Filialen und Mitarbeiter

Betriebliche Kündigungen werde es keine geben. Bei den rund 60 Mitarbeitern in Wunstorf soll es bleiben, sie sogar durch mehr Sicherheit und bessere Bedingungen profitieren. Eine Bestandsgarantie bis 31. Dezember 2027 gibt es für die derzeitigen Geschäftsstellen in Steinhude und Luthe sowie die zehn Geldautomaten an sechs Standorten, zudem wolle die Sparkasse Hannover prüfen, ob in Kolenfeld die Aufstellung eines Geldautomaten im kommenden Jahr möglich ist. In diesem Zusammenhang ließ der Bürgermeister durchblicken, dass er mit der bisherigen Auffassung des Stadtsparkassenvorstandes nicht einverstanden ist. Der hatte die Bargeldversorgung für den Wunstorfer Süden auf den Standort Kolenfelder Straße konzentriert und diesen für ausreichend erachtet.

Finanzielle Folgen

Mit einem finanziellen Nachteil rechnet die Stadt durch die Fusion nicht. So werde das Gewerbesteueraufkommen in etwa gleich bleiben. Vorgeschlagen wird auch, 50 Prozent der Geschäftsanteile der Stadtsparkasse Wunstorf Immobilien GmbH sowie das Parkhaus der Stadtsparkasse zum Buchwert zu übernehmen. Eine Option zum Kauf ist vereinbart worden, diese läuft aber zum 31. Dezember 2024 aus. Die Verwaltung empfiehlt die Übernahme, da diese finanziell interessant sei und Chancen der Gestaltung eröffne, etwa wenn es um die Entwicklung von neuen Wohngebieten geht. ”Wir bekämen dadurch mehr Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten”, so der Bürgermeister und nannte als Vorbild die Entwicklungsgesellschaft Gewerbepark Wunstorf-Süd (EGW). Hier kooperieren Stadt Wunstorf und die Hannover Region Grundstücksgesellschaft (HRG) erfolgreich miteinander.

Schuldfragen

Wer trägt nun Schuld an der Entwicklung? Die Frage gehe am Kern vorbei, sagt der Bürgermeister. Er wie auch die Sparkasse Hannover betonen in ihren Äußerungen, dass aus einer Position der Stärke heraus gehandelt werde, Zeitpunkt und Gelegenheit also kaum besser sein könnten, zumal die Zukunft der kleinen Stadtsparkasse ohnehin düster ausgesehen hätte. Verwiesen wird auf die regulatorischen Herausforderungen und die Digitalisierung, die kleinere Häuser mit Personallücken kaum mehr bewältigen können. Die strategische Partnerschaft dränge sich somit förmlich auf.

Wie bereits berichtet, hatten zum 30. Juni vier leitende Mitarbeiter mit besonderen Funktionen gekündigt. Eine Nachbesetzung gelang nicht. Der akute Personalnotstand samt Folgen trat also ein, nachdem der Verwaltungsrat im Februar entschieden hatte, den Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Heiko Menz nicht mehr über den Januar 2025 hinaus zu verlängern. Bürgermeister Piellusch betont hingegen, dass sich die Personallage schon in früheren Jahren verschlechtert habe.

Folgen für Kunden

Die Probleme bei der Fachkräftegewinnung seien struktureller Natur und würden sich allein schon aus demografischen Gründen in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Demnach hätte eine grundsätzlich schwierige Entwicklung bereits festgestanden, sich aber zuletzt noch einmal beschleunigt. Für die Kunden soll sich bis Mai 2025 nichts ändern. Erst dann wird auch eine technische Fusion angestrebt, bei der sich beispielsweise die IBAN ändert und Konten umgestellt werden. Genaue Details dazu werden noch bekanntgegeben.

Politik ist am Zug

Zu allen Einzelheiten ist am Freitag auch eine Verwaltungsvorlage veröffentlicht und an die Ratsmitglieder versandt worden. Der Finanzausschuss wird nun in seiner Sitzung am 17. September als erstes darüber beraten. Verwaltungsausschuss und Stadtrat ziehen dann am 23. und 25. September nach. Die Gremien der Stadt sowie der Region Hannover entscheiden ebenfalls im September. Das Niedersächsische Finanzministerium sowie Aufsichts- und Kartellbehörden sind in den Genehmigungsprozess involviert.

Kommentar: Der Imageschaden bleibt

Eigentlich ist die Fusion der Sparkassen eine tolle Sache. Jedenfalls wenn man den offiziellen Verlautbarungen folgt. Aus einer Position der Stärke heraus werde der Zusammenschluss betrieben, heißt es. Man kann es angesichts der überragenden Bilanzergebnisse, die Jahr für Jahr gemeldet wurden, sogar noch enthusiastischer formulieren: Die Sparkasse Hannover bekommt mit der Stadtsparkasse Wunstorf ein echtes Rennpferd in den eigenen Stall gestellt. Doch der Imageschaden bleibt.

Denn es stellen sich unangenehme Fragen. Die Fusion hatte schließlich einen ganz konkreten Grund, der gerade nicht in der günstigen Gelegenheit und der guten Performance zweier gesunder Institute zu finden ist. Grund für die Fusion ist eine akute personelle Schieflage, die nicht mehr zu heilen war. Erst dieser Engpass erforderte eine Auseinandersetzung mit dem nunmehr Unvermeidlichen. Doch wie kann es sein, dass die berufliche Entscheidung von nur wenigen Mitarbeitern eine ganze Sparkasse ins Wanken bringt?

Auch wenn man wie der Bürgermeister die Auffassung vertritt, das Personalproblem habe sich schon in früheren Jahren abgezeichnet, stellen sich doch die Fragen, was Vorstand und Verwaltungsrat eigentlich dagegen taten und was ein Verband da eigentlich prüft, wenn er von ausgezeichneten Zahlen spricht? Nein, der Verweis auf einen allgemeinen Fachkräftemangel überzeugt da nicht, sei er nun in einem längeren Prozess oder ganz akut entstanden, aus Gründen, über die man nur spekulieren kann.

Fakt ist, dass trotz des Hinweises auf die Verschwiegenheit und trotz einer auf positive Außendarstellung bedachten Kommunikationspolitik hinter den Kulissen so mancher Kampf zwischen Vorstand, Kontrollorganen und der Politik ausgetragen worden ist. Das alles hat sehr viel Schaden angerichtet, der aber im Ergebnis, und das scheint das Gute an dem Schlamassel zu sein, nun zu einer Bankenfusion unter annehmbaren Bedingungen führt.

Der Neubau eines Beratungszentrums kommt, eine Stiftung zur Förderung von lokalen Projekten wird gegründet, die Beschäftigten wie auch die Kunden können von besseren Bedingungen profitieren und die finanziellen Folgen für die Stadt scheinen nicht so gravierend wie befürchtet. Selbst der nur ins Schaufenster gestellte Prüfauftrag für einen Geldautomaten in Kolenfeld trägt seinen Anteil zum insgesamt guten Gesamtergebnis bei. Doch der Imageschaden bleibt.


André Tautenhahn (tau)
André Tautenhahn (tau)

Freiberuflicher Journalist

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