Erste Selbsthilfegruppe für illegale Drogen im Landkreis | Schaumburger Wochenblatt

Erste Selbsthilfegruppe für illegale Drogen im Landkreis

Die Selbsthilfegruppe kümmert sich schon in der Burghof-Klink um die erste Kontaktaufnahme. (Foto: nd)
Die Selbsthilfegruppe kümmert sich schon in der Burghof-Klink um die erste Kontaktaufnahme. (Foto: nd)
Die Selbsthilfegruppe kümmert sich schon in der Burghof-Klink um die erste Kontaktaufnahme. (Foto: nd)
Die Selbsthilfegruppe kümmert sich schon in der Burghof-Klink um die erste Kontaktaufnahme. (Foto: nd)
Die Selbsthilfegruppe kümmert sich schon in der Burghof-Klink um die erste Kontaktaufnahme. (Foto: nd)

Selbsthilfegruppen sind für viele Konsumenten von illegalen und legalen Drogen der erste Anlaufpunkt, oder zumindest nach Beratungen beim Hausarzt die erste Hilfe, bei der sich Menschen mit Suchtdruck offen austauschen können. Bisher konnte man aber im Landkreis Schaumburg keine Gruppe finden, die sich auf illegale Drogen spezialisiert hat – und das, obwohl die Fallzahlen da sind.

Drogenselbsthilfe wird sehr stiefmütterlich behandelt. Das hat nun ein Ende. In Rinteln gibt es ab sofort die erste Selbsthilfegruppe dieser Art in ganz Schaumburg. Selbst über den Landkreis hinaus sind solche Gruppen noch rar. In Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk Schaumburg Lippe ist jetzt das Engagement für diese Gruppe mit dem hauptamtlichen Suchtberater Sven Hopmeier verstärkt worden. Das Diakonische Werk hat dabei im ganzen Landkreis mehrere Anlaufstellen für Suchterkrankte.

Warum spezialisierte Gruppen wichtig sind

Vorgeschichte und Struktur sind bei einem Drogensüchtigen ganz anders als bei jemandem, dessen Suchtmittel der Alkohol ist, bringt es Friedrich-Wilhelm Möhring, der die offene Gruppe in Rinteln leitet, auf den Punkt. In Rinteln gibt es schon seit Langem die offene Selbsthilfegruppe, in der sich aber zumeist Alkoholkranke austauschen. Dort gibt es mehrere ausgebildete Gruppenleiter, aber bislang aber niemanden, der die Ängste und Sorgen von Menschen aus eigenem Leidensweg nachvollziehen kann, die die verschiedensten illegalen Substanzen konsumieren. Schon allein die Namen der Substanzen, die die Besucher der offenen Gruppe in ihrer “Drogenkarriere” genutzt haben, sind für die meisten komplett unbekannt. Nicht immer geht es dabei Substanzen wie Heroin, Kokain oder Marihuana, von denen jeder schon gehört hat. Oft wird über Oxycodon, Ketamin oder ganz allgemein über opioidhaltige Medikamente gesprochen, die Drogensüchtige missbrauchen. Dazu kommen „Mode- und Party-Drogen”. Jemand, der ansonsten Weinbrand, Bier oder Schnaps als sein Suchtmittel kennt, kann allein schon mit diesen Begriffen gar nichts anfangen und nachvollziehen, wie sie wirken und was sie anrichten.

Hürde sich zu öffnen

Zudem, erläutert Gruppenleiter Möhring, sind auch die Ausgangspunkte der Drogensüchtigen ganz anders. Ein sogenannter “funktionierender” Alkoholiker kann seinen Alltag meist über sehr lange Zeit aufrechterhalten, bei illegalen Drogen kommt aber vielfach ganz schnell Arbeits- und Wohnungsverlust sowie Anschaffungskriminalität dazu. Bei solchen Gesprächen blieb den Freiwilligen in der Selbsthilfegruppe bisher nur übrig, zuzuhören und nachzufragen. Die Hürde für die Betroffenen, sich ganz zu öffnen, blieb. Unter Gleichgesinnten wird sich das nun ändern können. Im Grunde läuft die Teilung der offenen Selbsthilfegruppe für Alkoholiker und Drogensüchtige in Rinteln schon einige Zeit. Sie haben ein „Zuhause“ in der Begegnungsstätte SHG Treff in der Mühlenstraße 5 in Rinteln gefunden, wo es räumlich die Möglichkeit der Trennung gibt. Jetzt engagieren sich aber mehr Betroffene, was Möhring begrüßt und mehr Menschen dazu bewegen will, sich Hilfe zu holen. Daher ist er froh, dass sich in Rinteln eine Freiwillige gefunden hat, die diese spezialisierte Gruppe leiten wird. Die Nachsorge für Drogensüchtige ist dabei ein schwieriges Aufgabengebiet. Um dabei möglichst früh auf Betroffene zuzugehen, hat Möhring unter anderem einen Besuchsdienst in der Burghofklinik Rinteln mit initiiert. Für Patienten dort ist der Besuch der offenen Gruppen im Übrigen verpflichtend, damit sie möglichst früh anfangen, sich mit anderen auszutauschen und zu vernetzen. Die Selbsthilfegruppen vermitteln Hoffnung und Zuversicht auf ein positives Leben nach der Therapie, so Möhring, daher hält er diesen Schritt für sehr wichtig und wirbt dafür, dass nicht zu vernachlässigen.

Die Treffen sind offen – ohne Verpflichtungen und ohne die typische “Vorstellungsrunde”, wie man sie vielleicht aus Film und TV von Selbsthilfegruppen kennt. Jeder kann vorbeikommen und auch wenn er möchte, erst einmal nur zuhören. Das oberste Gebot dabei ist natürlich, dass die Gespräche in der Gruppe vertraulich sind und nichts die Räume nach außen verlässt. Die Selbsthilfegruppe in Rinteln trifft sich immer dienstags von 17 bis 18.30 Uhr. Die Kontaktaufnahme vorab ist auch telefonisch unter 0162-1036250 möglich. Weitere Kontaktmöglichkeiten sind über das Diakonische Werk (www.diakonie-rinteln.de, www.diakonie-schaumburg-lippe) und telefonisch unter 05721-993020. Von dort wird an die Ansprechpartner vor Ort vermittelt.


Nadine Dressler
Nadine Dressler

Redakteurin Schaumburger Wochenblatt

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