383 Fälle hat die Polizei im Landkreis Schaumburg registriert - ein Anstieg um 90 Fälle im Vergleich zu 2019. Doch das sind nur die Vorkommnisse, die auch angezeigt wurden, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher ausfallen. Hier gilt es die aktuelle Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes abzuwarten. Im Rahmen dieser Studie wurden über 40.000 Personen in Niedersachsen befragt. Um in Zukunft den Opfern von häuslicher Gewalt noch besser helfen zu können, startet der Weiße Ring e.V. unter anderem auch im Landkeis Schaumburg das Projekt „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte”. Dieses wird von der Polizeiinspetion unterstützt. Da es aufgrund der Pandemie weniger Möglichkeiten gibt, Gewalt in Familien aufzudecken und Betroffene zu unterstützen, soll Brötchentüten mit Kontaktmöglichkeiten bedruckt und an die Bäckereien verteilt werden. Bei häuslicher Gewalt leiden auch die Kinder stark, häufig sind diese bei den körperlichen Übergriffen anwesend. Bei der Hilfe geht es daher nicht ausschließlich um die Strafverfolgung, sondern insbesondere darum, den traumatisierten Opfern zu helfen. Um hier noch schneller helfen zu können, hat die Polizeiinspektion Nienburg-Schaumburg erst in diesem Monat eine intensivere Kooperation mit dem Weißen Ring e.V. schriftlich festgehalten. Die Kriminalstatistik belegt eine Zunahme von häuslicher Gewalt - Grund genug für die AWO Schaumburg ihr Angebot auszuweiten. Denn diese steigende Tendenz war bereits in den vergangenen Monaten im AWO-Frauenhaus deutlich spürbar, genauso wie bei der Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS). Mit einem speziell entwickelten Hygiene- und Quarantänekonzept ist das Frauenhaus im Umgang mit der Pandemie-Situation gut aufgestellt. Schon seit Monaten sind in der Regel alle Zimmer belegt, sodass in den vergangenen Jahren etliche Frauen aus Schaumburg wegen Vollbelegung nicht aufgenommen werden konnten. Im Hinblick auf diese Entwicklung zeigt sich AWO Geschäftsführerin Heidemarie Hanauske sehr erleichtert, dass der Kreistag der dringend benötigten Erweiterung des Frauenhauses in Schaumburg zugestimmt hat. „Die persönliche und familiäre Situation der Frauen ist insbesondere jetzt in der Lockdown-Zeit sehr vielschichtig”, berichtet das Frauenhaus-Team. Dabei nimmt der Anteil an Frauen mit psychischen Störungen zu. Oftmals zeichne sich auch ein Bild mit Multiproblemlagen ab. Die Pädagoginnen bieten in vielen Fällen eine engmaschige Begleitung an, um diesen Frauen und ihren Kindern eine geeignete Lebens- und Zukunftsperspektive zu eröffnen. Dabei kooperiert die Einrichtung auch mit weiteren Fachberatungsstellen und Institutionen. Im Fokus der pädagogischen Arbeit stehen zudem die Kinder, die mit ihren Müttern ins Frauenhaus kommen, da sie in den Misshandlungssituationen immer mitbetroffen sind. Entweder waren sie selbst körperlicher oder sexueller Misshandlung ausgesetzt oder wurden indirekt durch die von Angst und Gewalt geprägten häuslichen Atmosphäre belastet. Somit sind sie durch diese Erlebnisse häufig traumatisiert. Einzel- und Gruppenarbeitsangebote mit den Kindern zielen darauf ab, die Gewalterfahrungen auszudrücken und zumindest ansatzweise verarbeiten zu können. Durch die jetzt bewilligte Erweiterung werden bald mehr Plätze zur Verfügung stehen, um dem gestiegenen Unterbringungsbedarf gerecht zu werden. So sollen zusätzlich vier Familienzimmer, ein Kinder-Spielzimmer und ein zusätzlicher Beratungsraum entstehen.