Bis 1928 leitete Graf von Wiser die „Landes-Augenheilanstalt Herzogin Charlotte”, wo er während des Ersten Weltkriegs Soldaten mit erlittenen Augenverletzungen behandelte, bis er anschließend nach Bad Eilsen zog. Hier gründete er hinter seiner Villa eine weitere international bekannte Augenklinik, sodass wohlhabende Patienten aus aller Welt nach Bad Eilsen kamen. „Das war damals DAS Bad in Deutschland. Selbst an Zügen wurde Werbung für die Stadt angebracht”, erklärt Lothar Mester. „Europäischer und internationaler Hochadel, hohe Militärs und Politiker, aber auch Schauspieler, Sänger und Schriftsteller wie Gerhard Hauptmann und Hanns Heinz Evers kamen nach Bad Eilsen, um sich von Graf von Wiser behandeln zu lassen.” Einer der berühmten Patienten war der Schriftsteller Hermann Hesse, der sogar für zwei Jahre in der Villa des Augenarztes wohnte. Hier in Bad Eilsen erfuhr er, dass seine Werke Mitte der 1930er Jahre verboten werden sollten. Privatpatienten behandelte der Augenarzt übrigens direkt in seiner Villa im ersten Obergeschoss – neben seinem eigenen Schlafzimmer. Graf von Wiser war vor allem bekannt dafür, das Augenlicht mit naturkundlichen Methoden zu stärken, beispielsweise mit Augenkompressen mit Zitronenmelisse, und reformierte somit die Augenheilkunde. Er war der festen Überzeugung, dass die Augen nicht permanent im kurzsichtigen Bereich arbeiten können. Mit Blicken in die Ferne sollten die Augen entlastet werden. 20 Professoren sollen ihn deswegen angeklagt haben. „In seiner Villa, die damals 70.000 Goldmark (etwa 280.000 Euro) gekostet hat, lebte er wahrlich im Luxus”, sagen die Mesters. „Es gab eine beheizbare Garage und das Essen kam mit einem Fahrstuhl aus der Küche nach oben gefahren.” Zwei Hausmädchen, zwei Gärtner, ein Chauffeur sowie ein Sekretär sollen mit in der Villa gelebt haben. Auch zahlreiche Anekdoten können die beiden heutigen Hausbesitzer über den Grafen erzählen. So soll er beispielsweise einmal eine OP unterbrochen haben, um ein kleines Tier aus dem OP-Saal zu befreien. Der Graf war zweimal verheiratet, doch seine Ehen blieben kinderlos. 1938 verstarb der Graf in Bad Eilsen, sein Neffe übernahm die Leitung der Augenklinik, bis sie zu Beginn des Zweiten Weltkrieges geschlossen wurde. Doch im Gegensatz zu ihm fand seine Frau, Gräfin Eleonore von Wiser, keinen friedlichen Tod. Auf dem Schwarzmarkt hatte sie selbst gezüchtete Kaninchen verkauft und zu auffällig mit dem Geld in der Öffentlichkeit hantiert. Eines Tages folgte ihr ein Offizier bis nach Hause in ihr Gewächshaus und wollte ihr das Geld abnehmen. Die Gräfin setzte sich jedoch zur Wehr – und musste dafür mit ihrem Leben bezahlen. Der Offizier erschlug sie mit einer Latte. Noch heute existiert das Gewächshaus, in dem der Mord stattgefunden hatte. Foto: jb