Zwar stehen sie unter allgemeinem Artenschutz, nicht jedoch unter besonderer Fürsorge als bedrohter Art. Dabei war in einigen Bundesländern bis in die achtziger Jahre eine Mistelbekämpfung sogar vorgeschrieben. Obstbauern mussten zudem mit einer Strafe rechnen, wenn sie den Schmarotzer in ihren Plantagen geduldet hätten. Doch nun gewinnt der Parasit offenbar so sehr die Oberhand, dass selbst Naturschutzverbände in manchen Gegenden Deutschlands Maßnahmen fordern. Im Münsterland beispielsweise ist dazu aufgerufen worden, die Mistel in Streuobstbeständen gezielt zu bekämpfen. „Nicht grundsätzlich auszurotten”, wie es ausdrücklich heißt, „sondern sie dort in Schach zu halten, wo sie einen artenreichen Lebensraum bedroht”. Doch warum ist die Mistel so ein Schädling? Das erklärt der Hülseder Martin Höhle, der im Gemeinderat bereits im vergangenen Sommer mit seinem Kollegen Egbert Gelfert auf die Bedrohung alter Obstbäume hinwies. Er hatte dabei den knorrigen Alleebestand an der kleinen Landstraße zwischen Hülsede und Meinsen vor Augen. Als geradezu „desolate Lage” bezeichnet er deren Zustand. Die Veteranen trugen im zurücklegenden trockenen Sommer eine massive Last an Früchten, waren voller Totholz und wurden dann auch noch quasi ausgesaugt von den Parasiten mit ihren gelblich-grünen Zweigen. Die Vögel sind schuld, dass sich der Schmarotzer vorwiegend an Pappeln und Weiden, Linden, Ahorn und eben Apfelbäumen ansiedelt. Die klebrigen Früchte werden durch Kot ausgeschieden und haften an der Rinde. In den ersten vier Jahren ist von dem Fremdling auf dem jeweiligen Wirt noch nicht viel zu sehen. Er entzieht ihm Wasser und die darin gelösten Mineralsalze. Das wäre noch nicht schlimm. Doch irgendwann wächst die Mistel geradezu explosionsartig und kann Kugeln bis zu einem Meter Durchmesser erreichen. Mehr noch: Da die Pflanze aus ihren Früchten ein Sekret absondert, das auf unterhalb wachsende Äste tropft, kann sie sich im Baum weiter verbreiten. Gerade im Winter ist dies an den entlaubten Bäumen gut erkennbar. In der Aueniederung sind fast alle hohen Pappeln davon betroffen. Höhle aber sieht die Streuobstbäume in besonderer Gefahr. Sie stellen ein wertvolles Kleinhabitat für viele Insekten und andere Kerbtiere dar, bieten diesen und auch Wirbeltieren Lebensraum, Nistplatz und Nahrung. Weil aber selbst Obstbäume am Straßenrand Kulturpflanzen sind, können diese ohne Pflege nicht dauerhaft bestehen. Er bemühte sich deshalb um entsprechende Genehmigungen und gewann mit Landwirt Frederik Platte einen Unterstützer, der ihm mit Traktor und Arbeitskorb half. Trotz zügiger Arbeit verlangten allein die Bäume auf dem genannten Streckenabschnitt mehr als fünf Stunden Aufwand. Die Mühe lohnte sich. Denn manche Bäume waren schon so dicht mit Misteln bewachsen, dass es so aussah, als würden sie volles Laub auch im Winter tragen. Foto: al