Wenn es um Senioren am Steuer geht, herrscht häufig das öffentliche Bild einer Risikogruppe für den Straßenverkehr. Ihre Fahrtüchtigkeit wird oft in Frage gestellt. Gunnar Dubiel, Leiter der TÜV-STATION Stadthagen, klärt auf: „Es ist falsch, die Fahrtauglichkeit pauschal am Alter festzumachen”, so der TÜV NORD-Experte. „Gemessen am Bevölkerungsanteil der über 65-Jährigen liegt die Zahl der Unfälle durch ältere Menschen unter dem Durchschnitt.” Und auch wenn die Unfallhäufigkeit ab dem 75. Lebensjahr massiv ansteigt, verursacht die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen die meisten Verkehrsunfälle. „Dennoch ist es richtig, dass Sehschärfe, Gehör, Reaktionsfähigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit mit dem Alter abnehmen. Die Leistungsfähigkeit insgesamt sinkt”, weiß Dubiel. Kommt es zu einem Unfall, sind häufig folgende Ursachen verantwortlich: Rote Ampeln und andere Verkehrsteilnehmer werden übersehen, der Abstand zum Vordermann wird nicht richtig eingeschätzt und die Vorfahrtsregeln werden nicht eingehalten. Es kommt zu Fehlern beim Abbiegen oder beim Lenken. „Die schwindende Sehkraft lässt leider auch die besten Adleraugen irgendwann unscharf werden”, so Dubiel. Warnsignale wie das Hupen anderer Autofahrer oder das Martinshorn der Polizei- und Rettungswagen können schnell durch die nachlassende Hörfähigkeit überhört werden. „Auch die abnehmende Konzentration auf längeren Strecken und die vorzeitige Ermüdung zählen zu den Gründen”, weiß der TÜV NORD-Experte. Dazu kommt, dass der Verkehr auf den Straßen durch die wachsende Zahl an Fahrzeugen immer dichter, hektischer und damit auch gefährlicher wird. „Dies erhöht den Stressfaktor und verursacht ein Gefühl von Unsicherheit für ältere Fahrer, die in kritischen Situationen manchmal nicht schnell genug reagieren”, erklärt Dubiel. Um möglichen Unfällen im Straßenverkehr vorzubeugen, bieten Fahrschulen Fahrern jeden Alters Möglichkeiten an, um sowohl die Fahrtheorie zu testen und gegebenenfalls aufzufrischen als auch die Fahrtauglichkeit zu überprüfen. Fahrlehrer geben Tipps zur Sitz- und Spiegeleinstellung. „Fahrsicherheitstrainings können zu einem besseren Gefühl und zu mehr Sicherheit bei Gefahren- und Extremsituationen beisteuern”, sagt der Stadthagener TÜV-Stationsleiter. Der TÜV NORD MobilitätsCheck, der freiwillig und anonym durchgeführt werden kann, bietet älteren Fahrzeughaltern weiterhin die Möglichkeit, ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit prüfen zu lassen. „Aufbauend auf den Ergebnissen beraten wir die Autofahrer individuell und unabhängig zum für sie richtigen Verhalten im Straßenverkehr.” Auch regelmäßige Besuche beim Hausarzt können zur Überprüfung des gesundheitlichen Zustands und somit zur Sicherheit im Straßenverkehr verhelfen. Senioren können ihre altersbedingten Defizite nicht nur durch ihre langjährige Erfahrung kompensieren, sondern auch durch bewusst vorausschauendes Fahren. Gunnar Dubiel rät: „Wer ausreichend großen Abstand zum Vorderauto hält, auf längeren Strecken viele Pausen einlegt, um sich die Beine an der frischen Luft zu vertreten sowie die Konzentration für die Weiterfahrt wieder aufzufrischen, und bei Sehschwierigkeiten im Dunkeln lieber tagsüber fährt, tut viel für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer.” Foto: privat