Doch eine etwaige innere Unruhe ist ihr nicht anzumerken: Sie sei nicht aufgeregt, erklärt sie und will auch keine großen Ziele für ihren Start in der Stadt Bar in Montenegro nennen. Sie wäre ja „doch nur enttäuscht”, wenn sie sich zu viel vornehme und dann gegen die Konkurrentinnen scheitere.
Aber „unter die ersten neun” würde sie beim vermuteten Teilnehmerinnenfeld von 17 Personen schon gern kommen.
Dabei dürften die Gegnerinnen der zierlichen Neuntklässlerin durchaus Respekt haben. Annika fegte früher reihenweise die darüber regelmäßig verärgerten Jungen von der Matte und ist dafür bekannt, Kämpfe in Sekundenschnelle für sich zu entscheiden.
Und oft kam es vor, dass eine Kontrahentin fluchtartig noch vor der ersten Griffkombination davon rannte. „Aber das hat sich im Lauf der Zeit schon geändert”, wirft Mutter Katrin Wittekindt ein, die auch die drei weiteren Töchter im Judo betreut und trainiert: „Heute muss sich Annika schon sehr behaupten.”
Dabei hätte die sportliche Karriere schon zu Ende sein können. Zwei Armbrüche binnen kurzer Zeit sorgten für eine längere Zwangspause. Doch diese hat die Gymnasiastin überwunden. Zusammen mit ihren ebenfalls im Judo hoch talentierten drei Schwestern besucht sie die hannoversche Humboldtschule, weil diese in „Sportlerklassen” den Stundenplan auf tägliches Training in den benachbarten Leistungszentren abstimmt.
Das nutzt Annika natürlich in diesen Tagen besonders als Vorbereitung auf die internationale Herausforderung. Außerdem steht sie täglich auf der Waage: Höchstens hundert Gramm dürfen es beim Turnierstart mehr als 40 Kilogramm sein. Um das Gewicht zu halten, sind derzeit Süßigkeiten tabu. Statt großer Mahlzeiten gibt es nur öfters einen kleinen Imbiss. „Furchtbar”, stöhnt Annika beim Blick auf naschende Schwestern: „Dann lenke ich mich durch Fernsehen ab.” Da kommt die gegenwärtige Europameisterschaft im Fußball besonders recht, da sie selbst bis zuletzt in einer inzwischen aufgelösten Lauenauer Mädchenmannschaft gekickt hat.
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