Zu den Aufgaben einer Totenfrau gehört es, die Nachbarn zur Beerdigung einzuladen. Zudem half die Totenfrau dem Bestatter beim Anziehen der Leichen. Bei der Trauerfeier bereitet sie alles vor, nimmt die Beileidskarten entgegen.
Sophie Wehrhahn hat diese Arbeit gerne gemacht. Auch wenn der Tod und die Trauer der Menschen sie haben mitfühlen lassen. Besonders schwer sei es aber gewesen, den Tod eines Kindes an die Dorfbewohner weiterzugeben. „Das geht einem wirklich nahe”, erinnert sich Sophie Wehrhahn.
Die Schaumburger Totenfrau ist einzigartig. Nirgendwo in Deutschland gibt es diese traditionelle Tätigkeit, die mehr ist als nur ein Job.
Sophie Wehrhahn hat oft bei den Ottensern und Lindhorstern in der Küche gesessen und ein wenig erzählt. Gerade die älteren Menschen hätten viel zu erzählen gewusst, über den Verstorbenen und darüber hinaus.Da gehen für eine Einladungsrunde durch die umliegenden Straßen einige Stunden ins Land. Doch die hat Sophie Wehrhahn nicht akribisch aufgeschrieben. Denn das Miteinander im Dorf, die Gespräche und der typisch dörfliche Umgang mit dem Tod haben die Tätigkeit besonders gemacht. Die Lindhorster sind traurig darüber, dass es nun auch in ihrem Dorf keine Totenfrau mehr gibt. Aber niemand will diesen Job übernehmen. Anke Müller vom Bestattungsinstitut Matthias in Vornhagen ist mit Sophie Wehrhahn und den anderen Totenfrauen großgeworden. Bereits bei ihrem Vater hat Sophie Wehrhahn vor 22 Jahren nachgefragt, ob sie diese Tätigkeit übernehmen könne. „Sieben Frauen hatten sich damals darum bemüht”, sagte Sophie Wehrhahn. Insgesamt verändere sich der Umgang mit dem Tod eines Angehörigen zusehends. Immer weniger Hinterbliebene beauftragten die Totenfrauen. Sophie Wehrhahn selbst musste vor einiger Zeit bereits kürzer treten. Das Anziehen der Verstorbenen sei ihr aus gesundheitlichen Gründen immer schwerer gefallen. Doch geekelt oder gegruselt habe sie sich dabei nie. Als es noch viele Frauen in Tracht gab, war die Totenfrau die wichtigste Person bei einem Sterbefall. Denn sie war oft die einzige, die wusste, wie die Tracht richtig angelegt wurde. Meist trugen die Frauen zu ihrer Tracht ein Kopftuch. Doch Sophie Wehrhahn kann sich erinnern, dass sie einigen auf ihrem letzten Gang die Lindhorster Mütze aufgesetzt hat. Mit den gesundheitlichen Schwierigkeiten hat das Bestattungsunternehmen diese Aufgabe übernommen.
Sophie Wehrhahn hätte die Aufgabe gerne noch ein wenig weiter gemacht. Doch mit den Jahren ist auch sie älter geworden und gibt die anderen Elemente der Totenfrau an das Bestattungsunternehmen. Dieses kann eine Menge davon auffangen.
Nur das Einladen, den Weg von Haus zu Haus und das persönliche Wort kann das Unternehmen nicht mehr leisten.
Nun kommt die Nachricht vom Tod eines Menschen per Post, Telefon oder Zeitung in die Häuser der Lindhorster und Ottenser. Foto: ih