Was ich schon immer einmal sagen wollte
Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Sie haben gerade Ihr neues Haus bezogen oder sind in eine frisch renovierte Wohnung eingezogen. Sie sitzen mit Ihrem kleinen Kind, alternativ auch Enkelkind, im Wohnzimmer und füttern es. Urplötzlich rauscht eine riesengroße Baggerschaufel durch das Dach, fährt haarscharf an Ihren Köpfen vorbei und reißt eine Wand des Zimmers, in dem Sie sitzen, ein. So ähnlich müssen sich jedes Jahr viele einheimische Vogelfamilien fühlen, wenn in der Aufzuchtzeit ihres Nachwuchses die schützende Hecke, der schützende Busch oder Baum mit der elektrischen Heckenschere oder sogar der Kettensäge gestutzt wird. Ja, die regelmäßigen Leser meiner Kolumne werden vielleicht sagen: Jetzt kommt er schon wieder mit einem Umweltschutzthema. Stimmt! Irgendwie drängen sich mir die Situationen in der letzten Zeit auf. Vielleicht, weil ich selbst nicht der beste „Vorzeige-Umweltschützer“ bin und deshalb manchmal ein klein wenig schlechtes Gewissen habe. Was aber den Schutz der Tierwelt allgemein angeht, bin ich sensibilisiert. Möglicherweise durch mein Hobby, das Tauchen, und den Dingen, die ich unter Wasser leider immer wieder sehen muss, aber gar nicht möchte. Ein kurzer Blick in die Gesetzeslage – für die Schublade Thekenwissen. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), §§ 39 und 44, verbietet in der Zeit vom 1. März bis 30. September grundsätzlich den radikalen Heckenschnitt. Dummerweise - nein, sorry - unglücklicherweise, erlaubt der Gesetzgeber dabei den Form- und Pflegeschnitt. Dabei soll besondere Vorsicht und Rücksichtnahme im Hinblick auf Vogelnester genommen werden. Nicht zu verwechseln damit sind die ebenfalls für die Brut- und Setzzeit geltenden Landesgesetze zur Leinenpflicht von Hunden. Diese gilt vom 1. April nur bis zum 15. Juli. Zurück zum Heckenschnitt. In den vergangenen Wochen habe ich unsere Schaumburger immer wieder beim Rückschnitt gesehen. Auch wenn ich lediglich vorbeigefahren bin, ich unterstelle einfach einmal, dass die wenigsten vorher ihre Hecken und Büsche vorsichtig nach Vogelnestern abgesucht haben. Wir haben auf unserem Grundstück ebenfalls eine beträchtliche Mischung unterschiedlicher Büsche und mehr oder weniger große Bäume. Bei dem regen Flugverkehr der verschiedenen Vogelarten im April, Mai und Juni, gehe ich von mindestens vier Nestern aus, die im Schutz der zugegebenermaßen üppig wuchernden Gewächse besetzt waren. Der Wildwuchs hat mich tatsächlich auch gestört und ich gebe zu, dass ich mehrfach an einen Einsatz der Heckenschere gedacht habe. Das hole ich jetzt im Juli nach. Die Wohnungen sollten mittlerweile wieder leer sein; nachschauen werde ich trotzdem vorher. Mein Appell an alle Gartenbesitzer: Schneiden Sie Ihre Büsche vorher und verzichten Sie einmal auf den Form- und Pflegeschnitt. Beobachten Sie dafür vielleicht die Vögel, die auch in Ihrem Garten ein Nest bauen. Laut der Roten Liste des NABU, mussten im Jahr 2021 43 Prozent der 259 heimischen Vogelarten in die Liste der bedrohten Arten aufgenommen werden – und es wird nicht besser! Ein Gedanke schießt mir jetzt zum Ende der Aufzuchtperiode dann doch noch durch den Kopf: Mit der zukünftigen Generation unserer gefiederten Freunde muss ich irgendwie in Kontakt treten. Morgens ab vier Uhr lautstark nach Futter zu suchen und das der Familie durch unentwegtes Gezwitscher mitzuteilen, geht gar nicht. Sieben Uhr ist auch noch früh genug und am Wochenende gern auch später.