Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums hat der Heiratsmarkt in Wiedensahl in diesem Jahr einen Frühstart mit erstem Bummel am (verregneten) Mittwochabend absolviert. „Wir sind eben etwas ganz Besonderes“, schloss Bürgermeister Ralph Dunger aus dem Vortrag des Historikers Professor Karl-Heinz Schneider über die Geschichte des Marktes beim Empfang im Gasthaus Steuber.
Schneider schilderte, dass die Wiedensahler Anfang des 19. Jahrhunderts offenbar mit großem Erfolg Landwirtschaft betrieben und auch mit einigem Selbstbewusstsein auftraten. Jedenfalls wurden im Schriftverkehr der übergeordneten Behörden damals der Fleiß und die Fähigkeiten der Einwohner des Dorfes betont. Die hatten bei der Regierung des Königreiches Hannover 1816 das Marktrecht beantragt, wie Schneider erklärte. Dabei bezeichneten die Antragssteller ihren Ort dreist als Flecken. Ein Status, der mit mehr Rechten verbunden war, als sie ein einfaches Dorf genoss. Dazu zählte üblicherweise das Marktrecht. Nur war dieser Status Wiedensahl niemals offiziell zuerkannt worden, wie Schneider lächelnd ausführte. Dieses Selbstbewusstsein wirkte sich auf den ersten Antrag 1816 nicht positiv aus, er wurde nicht befürwortet.
Nach weiteren Bemühungen hatten die Wiedensahler jedoch kurze Zeit später Erfolg, 1824 durften sie ihren ersten Markt ausrichten. Damals allerdings noch in der Woche des Michaelis-Tages. Mit diesem frühen Termin zeigten sich die Wiedensahler bald nicht mehr zufrieden. Ihrem Antrag auf Verlegung wurde schließlich stattgegeben, so dass seit 1833 der Markt in Wiedensahl am Donnerstag nach St. Martini stattfindet. Markt in Wiedensahl gebe es also seit 200 Jahren, den Martinimarkt im engeren Sinne seit 1833 und die Fleckenrechte für Wiedensahl seien nie offiziell verliehen aber irgendwann akzeptiert worden, so Schneider unter dem Applaus der geladenen Gäste im Gasthaus Steuber.
Bürgermeister Dunger knüpfte an Schneiders Vortrag lachend an und betonte, dass sich die Sonderrolle Wiedensahls bis heute ein Stück weit erhalten habe. In seiner Einleitung der Feierstunde hatte er darauf hingewiesen, dass der Heiratsmarkt in Wiedensahl noch etwas von seinem ursprünglichen Charakter bewahrt habe. Wo früher Pferde und Kühe angeboten worden seien, seien es heute Traktoren und Landmaschinen, verwies er auf einen noch immer landwirtschaftlichen Kern, des „größten Eintages-Marktes Norddeutschlands“. Auch solle die Veranstaltung ein Verkaufsmarkt bleiben und nicht zum reinen Amüsierrummel werden.
Anschließend ging es im Regen zur ersten Runde über den Markt, der aus Anlass des Jubiläums schon am Mittwochabend startete. Bei trockenem Wetter am Donnerstag entwickelte sich der Heiratsmarkt dann zum gewohnten Besuchermagnet.
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