Zähne zeigen ist angesagt
Courage zeigen und die Arbeitgeber nicht mit ihren Angeboten durchkommen lassen: Etwa 120 Beschäftigte der Bornemann GmbH legten dafür gestern Vormittag ihre Arbeit nieder. Als eine von vier Firmen beteiligten sie sich am Warnstreik, zu dem die IG Metall in der Schaumburger Metall- und Elektroindustrie aufgerufen hatte. Gut sichtbar in neongelben Streikwesten hatten sie sich ab 9 Uhr vor dem Haupttor des Firmengeländes an der Gelldorfer Industriestraße postiert, um ihrer Unzufriedenheit mit der Entlohnung spürbar Nachdruck zu verleihen. In der diesjährigen Tarifrunde für die niedersächsische Metallindustrie hatte die IG Metall eine Entgelterhöhung von 5,5 Prozent mit einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert. Als zweites Ziel hatte sich die Gewerkschaft gesetzt, über einen Tarifvertrag für dual Studierende zu verhandeln. Für diese Auszubildenden sollen ebenfalls tariflich abgesicherte Einkommens- und Ausbildungsbedingungen abgeschlossen werden. Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Axel Weinert betreffe dies bei Bornemann zurzeit 15 der insgesamt 501 beschäftigten Mitarbeiter. Im Vordergrund stehe in diesem Jahr jedoch klar eine höhere Bezahlung und mit dem bisherigen Angebot der Arbeitgeber möchte sich niemand abspeisen lassen: Es beinhaltet eine Entgelterhöhung von 2,3 Prozent, von der die Monate Mai und Juni jedoch ausgenommen sein sollen. Sie erstreckt sich über 13 Monate, was auf zwölf Monate umgerechnet etwa 1,9 Prozent ausmacht. „Katastrophal”, sagte Peter Voigt, Gewerkschaftssekretär der IG Metall in Stadthagen. „Jetzt ist es Zeit, die Zähne zu zeigen, das haut einfach nicht hin”. „Das ist eigentlich eine Frechheit”, urteilt auch Weinert. Bei einer Inflationsrate von zwei Prozent im vergangenen Jahr und einer ähnlichen Prognose für das laufende bliebe davon kaum etwas. Innerhalb der Friedenspflicht waren die Arbeitgeber zu keinen weiteren Verhandlungen bereit. „Sie haben es ausgesessen”, sagte Weinert. Erst am 13. Mai geht es in die nächste Verhandlungsrunde. „Das ist wieder Zeit, die ins Land geht und wo nichts passiert. Den meisten Unternehmen geht es gut, aber die Mitarbeiter profitieren nicht davon.” Zumindest ein Stückchen vom Kuchen wünschen sich auch die Bornemann-Beschäftigten. Sie sind bereit dafür einzustehen und verzichten dafür auf bezahlte Arbeitsstunden. Weinert lobte das Engagement der Belegsschaft als tolle Leistung, für den ersten Warnstreik und eine kurzfristige Bekanntmachung sei die Beteiligung gut. Andere Kollegen hätten sich an diesem Tag absichtlich Urlaub genommen, um ebenfalls nicht bei der Arbeit zu sein. „Das ist es uns Wert”, heißt es aus einer Kollegengruppe, „wir denken schon, dass das ‚fruchten‘ wird, was wir hier machen.” Die halbe Produktion ruhte und LKW verließen unverrichteter Dinge das Gelände. Bei Hautau und Lühr bot sich ein ähnliches Bild, ebenso bei den Fränkischen Rohrwerken in Bückeburg, deren Streik noch bis heute andauert. Übermorgen geht es mit Faurecia in Stadthagen weiter.Foto: nb