Der Fachanwalt für Insolvenzrecht, Sascha Bibiha, der dem Unternehmen in den vergangenen Monaten als Insolvenzverwalter zur Seite stand, wird eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 1. Oktober anregen. Die Entscheidung darüber fällt das Amtsgericht Bückeburg voraussichtlich direkt am 1. Oktober. Das Gutachten des Rechtsanwaltes befindet sich momentan in der Endphase. Die vergangenen zwei Monate waren ausreichend für die nötigen Ermittlungen, die mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit einhergingen.
In den vergangenen Wochen stand vorallem der Erhalt der Marke „Schaumburger” sowie des Standortes und damit der rund 30 Arbeitsplätze im Vordergrund. Auch die Gespräche mit den vier Unternehmen, die einen Erwerb der Privat-Brauerei avisieren, wurden dahingehend geführt. „Die vier Interessenten haben unterschiedliche Lösungsansätze gezeigt”, so Bibiha, wobei einer die „Ideallösung” aus Sicht der Schaumburger Privat-Brauerei anstrebt. Diese beinhaltet die weitere Produktion am Standort und somit gleichzeitig den Erhalt der Arbeitsplätze. Der Kauf-Interessent hat der Brauerei ein sogenanntes Indikatives Angebot, dass heißt ein Angebot mit konkretem Preisvorschlag, unterbreitet. Derzeit prüft der Interessent die Daten der Brauerei im Detail, sprich alle Unterlagen und Verträge sowie die Betriebswirtschaftlichkeit. Ein bindendes Angebot wird im Oktober erwartet, darauf folgen die Nachverhandlungen. Da das Insolvenzverfahren bereits läuft, können die konkreten Verkaufsverhandlungen erst mit Aufnahme der Insolvenz geführt werden.
Genaueres kann zurzeit nicht gesagt werden, da die Verhandlungen noch im Gange sind. Bibiha hält jedoch fest, dass es sich bei dem Interessenten nicht um einen strategischen Investor handelt, was im Regelfall eine Abwanderung und die Schließung des Standortes zur Folge hätte. „Momentan sieht es ganz gut aus für den Erhalt der Marke und des Standortes”, erlaubt sich Bibiha einen Funken Optimismus. Die Mitarbeiter wurden in den letzten Tagen in einer Betriebsversammlung über die aktuelle Situation informiert. Die Begeisterung sei groß gewesen, konnten sie sich doch bis zuletzt nicht sicher sein, ob ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Trotz des Verfahrens gingen die Produktion und Auslieferung aber wie gewohnt weiter und die Gehälter wurden pünktlich gezahlt. Dazu beigetragen haben viele Schaumburger: Eine Welle der Solidarität schwappte in den vergangenen Wochen über Stadthagen. Nicht nur Bier-Fans waren sich einig: Wir wollen unsere Brauerei behalten. „Die Nachfrage ist merklich gestiegen”, sagt Friedrich-Wilhelm Lambrecht, Geschäftsführer der Brauerei. „Ich war emotional sehr gerührt von der Solidarität, die wir in den vergangenen Wochen erfahren haben”, so Lambrecht weiter. Auch die Mitarbeiter zeigten sich beeindruckt und begeistert. „Damit hätten wir niemals gerechnet”, sagt der Geschäftsführer stellvertretend für das ganze Unternehmen. Nicht nur mit den Fackelumzügen hatten die Schaumburger ihre Solidarität bekundet: Der Anteil an Schaumburger Bier in den Gaststätten stieg an, neue Gaststätten wurden in die Kundenkartei der Brauerei aufgenommen und auch auf vielen großen Festen wurde das Bier ausgeschenkt.
Hintergrund: Nach 140 Jahren Tradition der Schaumburger Brauereikultur wurde Ende Juli bekannt: Die Brauerei steht vor einer drohenden Zahlunsunfähigkeit. Als Grund dafür wurde zum einen die allgemeine Situation auf dem deutschen Markt, zum anderen die besondere Situation in Schaumburg angeführt: die Abwanderung von Kaufkraft. „2500 Arbeitsplätze haben wir allein in Stadthagen in den letzten 15 Jahren verloren”, so Stadthagens Bürgermeister Bernd Hellmann. Durch die Abwanderung von gut bezahlten Fachkräften geht die Kaufkraft immer weiter zurück. Ein Problem ist auch, dass viele gut ausgebildete junge Menschen den Landkreis verlassen, da sie hier nach der Schule keine Perspektiven hätten. Somit sinkt die Kaufkraft im Kernmarkt Schaumburg zusehends.Foto: ag