Die Hochwassersituation in Teilen der Stadt wie in Idensen und an der Kläranlage zu Weihnachten 2023 und über den Jahreswechsel 2024 wird vielen noch in Erinnerung sein. Die Ortswehren aus der Stadt und auch das THW waren zeitweise im Dauereinsatz. Für eine Familie in der Brinkstraße in Idensen (Name der Redaktion bekannt) war das Ereignis mit einem großen Schreck verbunden. Kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres ging eine Anhörung zu einer beabsichtigten Gebührenerhebung für den Einsatz der Feuerwehr während der Hochwasserkatastrophe von 16.500 Euro ein. Es war ein nächtlicher Pumpeneinsatz, der keine Pflichtaufgabe der Feuerwehr darstelle. Die Familie war geschockt und die Weihnachtsfreude dahin.
Die Redaktion unserer Zeitung erfuhr von dem Sachverhalt, es kam Heiligabend 2024 zu einem längeren Gespräch mit der betroffenen Familie. Da Ortsbürgermeister Rolf Herrmann mit der Sachlage vertraut gewesen ist, wurde er verständigt. Es kam zu einem Gespräch zwischen dem Ortsbürgermeister und der Familie, Herrmann unterstützte bei der Erstellung einer schriftlichen Anhörung an die Stadt zu der beabsichtigten Gebührenerhebung. Eine Antwort blieb aus, Herrmann kontaktierte den zuständigen Mitarbeiter der Verwaltung daraufhin und bat um Stellungnahme. Der Ortsrat Idensen befasste sich bereits im Januar 2024 mit dem Thema und bat die Stadt, den Fall als Notlage anzusehen und somit keine Gebühr erheben zu müssen. Bürgermeister Carsten Piellusch schaltete sich ein und kontaktete die Nachbarstädte, wie sie derartige Fälle handhaben. Der Bürgermeister informierte den Verwaltungsausschuss und kündigte an, es bestünde Aussicht darauf, dass von der Gebühr Abstand genommen werde, weil es sich um eine Notlage gehandelt habe.
In den Fraktionen von SPD und CDU sowie zweimal im Verwaltungsausschuss kam die Angelegenheit auf den Tisch. Es fiel der einstimmige Beschluss, von einer Gebührenerhebung Abstand zu nehmen. Es wurde sich auf Paragraf 29 des Brandschutzgesetzes bezogen, der den Einsatz der Feuerwehr als einen Notfall betrachtet. Die Feuerwehrsatzung der Stadt bezieht sich ebenfalls auf diese Vorschrift. Der Bürgermeister habe sich hartnäckig für diese Lösung eingesetzt. Was wäre geschehen, wenn die Rechnung nicht zurückgenommen worden wäre? Der Geschädigte hätte Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt, allein die politischen Vertreter im Verwaltungsausschuss hätten über eine Abhilfe entscheiden müssen. Hätte es ein Nein gegeben, so hätte ein Gerichtsverfahren die Folge sein können.
Wir holten zu dem Sachverhalt die Meinung der Fraktionsvorsitzenden der Mehrheitsgruppe im Rat der Stadt ein. Die CDU-Fraktionsvorsitzende der CDU, Christiane Schweer sagte: „Wir haben über den Sachverhalt Anfang März von Bürgermeister Piellusch erfahren. Es war für uns keine Frage im Verwaltungsausschuss und auch in der Fraktion, dass es sich um eine Notsituation gehandelt hat und nichts in Rechnung gestellt werden muss“, sagte Schweer. SPD-Fraktionsvorsitzender Martin Ehlerding: „In ganz Niedersachsen waren mehrere hunderttausend Helfer im Dezember 2023 und im Januar 2024 zur Abwehr der Hochwassergefahren im Einsatz. Das konkrete Geschehen in Idensen war auch dieser landesweiten Notlage zuzuordnen und daher sind auch keine Kosten für die ohnehin schon gebeutelten Familien in Rechnung zu stellen. Es ist gut, dass die fachliche Beurteilung der Verwaltung und der Gerechtigkeitssinn der Politiker zum selben Ergebnis kommen“, sagte Ehlerding.
Die Frage, ob ein Feuerwehreinsatz kostenpflichtig oder unentgeltlich ist, ergibt sich aus dem Niedersächsischen Brandschutzgesetz in Verbindung mit der Feuerwehrgebührensatzung der Stadt Wunstorf. Das Niedersächsische Brandschutzgesetz besagt, dass Einsätze bei Bränden, Notständen durch Naturereignisse und bei Hilfeleistungen zur Rettung von Menschen aus akuter Lebensgefahr unentgeltlich sind. Die „Kernaufgaben“ der Feuerwehr sind somit unentgeltlich.
Im Umkehrschluss sind alle anderen Einsätze der Feuerwehr, die nicht unter die genannten Einsatzlagen fallen, kostenpflichtig. Paragraf 29 Absatz 2 des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes zählt diese Einsatzlagen auf. Beispielsweise kann ein Brand in einem Wohnhaus auch kostenpflichtig sein, wenn sich herausstellt, dass die Brandursache das vergessene Essen auf dem Herd war, während der Verantwortliche mit dem Hund vor der Tür war. In diesem Fall liegt zwar immer noch ein zunächst unentgeltlicher Einsatz vor, jedoch könnte er durch grobe Fahrlässigkeit verursacht worden sein, sodass dann nach Prüfung des Sachverhaltes eine Kostenpflicht entstehen würde. Weiterhin sind auch Verkehrsunfälle im Rahmen der Gefährdungshaftung kostenpflichtig. Wenn ein Auto einen Verkehrsunfall hat und die Feuerwehr zur Sicherung und Bergung des Unfallautos gerufen wird, liegt ebenfalls ein kostenpflichtiger Einsatz im Rahmen der Gefährdungshaftung beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges vor. Jedoch ist dabei zu unterscheiden, dass eine (mögliche) Rettung des Fahrers / der Insassen aus akuter Lebensgefahr wiederum unentgeltlich wäre. Folglich kann es auch Einsätze geben, in denen nur ein Teil des Einsatzes kostenpflichtig ist.
„Den größten Teil der kostenpflichtigen Einsätze stellen die freiwilligen Einsätze dar“, sagte Fachbereichsleiter Ordnung und Bürgerservice, Markus Saars. Das sind alle Einsätze, die nicht in den Paragrafen 1 und 2 der Feuerwehrgebührensatzung der Stadt Wunstorf aufgeführt sind. Die häufigsten freiwilligen Einsätze sind das Beseitigen von Ölspuren, Türöffnungen von Gebäuden, Behebung von Wasserschäden (Keller auspumpen) sowie das Fällen und Entfernen von Bäumen und Ästen bei Gefahrenlagen. Eine (nicht abschließende) Aufzählung der gängigsten freiwilligen Einsätze ist in Paragraf 3 der Feuerwehrgebührensatzung der Stadt Wunstorf zu finden. Freiwillige Leistungen werden nur auf Anforderung erbracht; ein Rechtsanspruch auf Tätigwerden der Feuerwehr besteht bei diesen Leistungen nicht. Weitere kostenpflichtige Einsatzlagen sind klassische Fehlalarme durch Brandmeldeanlagen, die Stellung von Brandsicherheitswachen sowie Einsätze, die von automatischen Notrufsystemen eines Kraftfahrzeuges ausgelöst werden, ohne dass eine Rettung aus akuter Lebensgefahr oder ein Brand vorgelegen hat.
Die Feuerwehrgebührensatzung kann über www.wunstorf.de eingesehen werden.