Mit „Am Boden“ hat der Autor und Theaterregisseur Marc Lunghuß seinen ersten Roman veröffentlicht. Der Verfasser mit Wurzeln im Raum Bad Nenndorf schildert berührend, aber auch humorvoll die Wiederannäherung eines Sohnes an seinen verstorbenen Vater. Dabei verknüpft er diese Familiengeschichte mit einem etwas aus der Mode gekommenen Bodenbelag, dem Teppichboden.
Lunghuß lässt seinen Roman in den sechs Tagen zwischen dem Tod des Vaters und dessen Beerdigung spielen. Der erwachsene Sohn, Ich-Erzähler, irrt im Citroen seines Vaters in dessen ehemaligem Arbeitsgebiet auf den Straßen Niedersachsens herum. Der Sohn habe seinen Vater als „Verlierer“ eingeordnet, so der Autor im Pressegespräch. Dessen Beruf, der Vertrieb von Teppichwaren, und das freundliche Wesen des Handelsreisenden, waren nichts, mit dem er sich identifizieren konnte. Der Sohn will eigentlich der Auseinandersetzung mit seiner Familiengeschichte ausweichen. Bei der Fahrt im ehemaligen Vertriebsgebiet seines Vaters beginnt jedoch bald eine Wiederannäherung. Schnell wird das Bild, das der Sohn zunächst von sich zeichnet, brüchig. Sein Vater wird in Anekdoten und Schilderungen lebendig. Bald beginnt sich auch der Blick des Ich-Erzählers auf seinen Vater zu verändern.
Intensive Recherche
Eingewoben in diese Handlung ist ein Rückblick auf die Geschichte des Teppichs in der deutschen Nachkriegszeit. Einst beliebter Bodenbelag, erlebt dieser in den 90er Jahren einen gewissen Niedergang. Parkett gilt nun als schick, der Teppich ist weit weniger gefragt. Die Entwicklung der Nachfrage nach diesem Material ist auch ein Stück Geschichte der Bundesrepublik. Er habe intensiv für diesen Bereich recherchiert, berichtete Marc Lunghuß. „Der Leser wird auch ein Teppichexperte“, lächelte er. Dem Autor gelingt es, dieses Wissen nebenbei und höchst unterhaltsam zu vermitteln. Ohnehin besticht die bewegende Geschichte um die Vater-Sohn Beziehung durch ihren ironisch-humorvollen Unterton.
Karriere als Theaterregisseur
Marc Lunghuß, Jahrgang 1974, ist in Waltringhausen aufgewachsen und erwarb sein Abitur 1993 auf dem Gymnasium Bad Nenndorf (GBN). Zum Studium der Philosophie und Germanistik ging es bald darauf nach Heidelberg und Berlin. In diesem Zuge entstand der Kontakt zum Studententheater, aus dem sich eine Karriere als Theaterregisseur mit Inszenierungen unter anderem in Frankfurt am Main, Leipzig, Bochum und Stuttgart entwickelte. Auf Initiative eines ehemaligen Lehrers brachte Lunghuß 2011 seine Inszenierung der „Verwirrungen des Zöglings Törleß“ von Musil in der Aula des GBN auf die Bühne.
Mehrere Stipendien
Zuletzt konzentrierte sich Lunghuß verstärkt auf das Schreiben. Er veröffentliche unter anderem Kurzprosa und Erzählungen, erarbeitete sich Förderungen durch verschiedene Stipendien. Im Austausch mit Autorenkollegen habe sich auch die Idee zum Verfassen des Romans „Am Boden“ entwickelt, führte Lunghuß aus. Eine erste Erzählung zum Thema sei bei diesen sehr gut angekommen, wie er sich erinnerte. So machte sich Lunghuß an das Verfassen seines Debutromans, der nicht im engeren Sinne autobiographisch ist. Sein Vater war Handelsvertreter für Teppichböden, dies gab einen Anknüpfungspunkt für die Ausgangs-Erzählung.
„Am Boden“ (Verlag Bärmeier und Nikel) ist nun im Buchhandel erhältlich. Lunghuß stellt sein Werk in einer Lesung in Hannover vor (Dienstag, 3. Dezember, Kulturzentrum Faust, Beginn 20 Uhr, Einlass 19 Uhr, Infos und Tickets über www.kulturzentrum-faust.de). Durch den Abend führt dabei Alexander Solloch.
Foto: Jordana Schramm/Peshkova