Das richtige Verhalten an einer Unfallstelle sorgt immer wieder für Verunsicherung. Was muss ich machen, was darf ich machen und was darf ich auf gar keinen Fall tun? In dieser Folge der Serie „Wie funktionieret eigentlich…?“ möchten wir die wichtigsten Fragen beantworten. Zunächst geht ein herzlicher Dank an die Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unserer Blatt hervorragend und umfassend unterstützt. In den Jahren 2021 bis 2023 registrierte die Polizei im Landkreis Schaumburg zwischen 3.378 und 3.848 Verkehrsunfälle (VU). 2023 betrug der Anteil der Wildunfälle 14 Prozent. 637 VU endeten mit Personenschaden inklusive neun tödlichen Verläufen. Von 984 Verkehrsunfallfluchten klärte die Polizei 433 auf. Das richtige Verhalten an den verschiedenen Unfallorten unterscheidet sich wesentlich. Die Polizei muss nicht zu allen Unfällen hinzugerufen werden. Bei Bagatellschäden (unter 700 Euro gem. BGH), keinem Personenschaden, keinen Verkehrsbehinderungen, Gefahren für Leib oder Leben, reicht ein Austausch der Personalien der Beteiligten. Sollte es dabei Unklarheiten geben oder sich die Beteiligten uneinig sind, kann trotzdem Kontakt mit den Beamten aufgenommen werden. Ausdrücklich fungiert die Polizei nicht als Gutachter. Empfehlenswert ist das Mitführen von Vordrucken beispielsweise der Versicherungen. Bei einer Kollision mit einem Wildtier ist die Polizei telefonisch zu informieren. Der weitere Ablauf wird im Telefonat geklärt.

Was ist sofort zu tun?

An einer Unfallstelle sollte schnellstens eine Warnweste angezogen werden. Das gilt vor allem bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen. Direkt anschließend ist die Unfallstelle abzusichern. Moderne Fahrzeuge sind heute häufig serienmäßig mit einem Warndreieck ausgestattet. Man sollte aber wissen, wo sich das Teil befindet und wie es gehandhabt wird. Im Anschluss ist sich zu versichern, ob es Verletzte gibt. Bei Erforderlichkeit ist umgehend Erste Hilfe zu leisten! Unbedingt sind dann Rettungswagen und Polizei zu alarmieren. Beides funktioniert über die Notrufnummern 110 und 112. Bei Bagatellunfällen müssen die Beteiligten gemäß § 34(1) StVO unverzüglich beiseite fahren. Ein paar schnelle Fotos mit dem Handy reichen bei der Art von Unfällen zumeist aus. Ebenfalls im § 34 StVO ist geregelt, dass ein Beteiligter vor Ort Angaben zu seinem Namen und der Anschrift angeben muss. Ein gültiger Führerschein und der Fahrzeugschein ist vorzuzeigen und die Haftpflichtversicherung sollte genannt werden. Sinnvoll ist nach Ansicht der Polizei auch der Austausch von Telefonnummern. Zeugen zu einem Verkehrsunfall werden angehalten, sich bei der Polizei zu melden, da sie einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Aufklärung hinsichtlich des Unfallherganges leisten können. Eine generelle Pflicht existiert allerdings nicht.

Unterlassene Hilfeleistung

Die Unterlassene Hilfeleistung wird im Paragraph 332 c StgB geregelt - Aussage der Polizei:“ Das ist kein Kavaliersdelikt!“ Das Strafmaß reicht von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen. Allein das Vorbeifahren an einem Verkehrsunfall mit Verletzten reicht bereits aus, sich strafbar zu machen. Es besteht eine grundsätzliche Verpflichtung zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr und Not. Welche Hilfe der Einzelne zu leisten in der Lage ist, hängt jedoch von der Person und seinen Fähigkeiten, seinen Möglichkeiten und anderen Umständen ab. „Einen Notruf abzusetzen ist allerdings jedem (!) zumutbar (insbesondere im Handyzeitalter)“, sagt dazu die Polizei.

Was ist mit „Gaffern“?

Früher nannte man sie einfach „Schaulustige“. Ihr einziges Ziel an der Unfallstelle ist oftmals, möglichst Foto- oder Filmaufnahmen zu machen. Sie haben in der Regel nichts mit dem Vorfall zu tun. Besonders verwerflich ist es, wenn diese Aufnahmen anschließend in den sozialen Medien veröffentlicht werden. Der Gesetzgeber hat reagiert und das Anfertigen solcher Aufnahmen nach § 201a StGB unter Strafe gestellt. Allein bereits das Gaffen auch ohne Aufnahmen zu fertigen, kann unter bestimmten Umständen mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro geahndet werden. Auch die Polizei unterstellt den Gaffern mangelndes Situationsbewusstsein. Weder für die Betroffenen und die Situation, noch für die eingesetzten Rettungskräfte sei ein ausreichendes Einfühlungsvermögen vorhanden.

Uns außerdem…

Allumfassend hält die Polizei der Landkreise Schaumburg und Nienburg fest, dass bei einem Verkehrsunfall lieber einmal zu viel, als zu wenig angerufen werden sollte. Ein VU kann jeden treffen und kann schnell überfordern. Die Polizei agiert als hier Helfer! Auf keinem Fall jedoch sollte für einen Bagatellunfall der Notruf gewählt werden. Echte Notfälle könnten damit blockiert werden. Die Erreichbarkeiten der örtlichen Dienststellen sind im Internet veröffentlicht (wenn man sich einmal außerhalb seines Wohnbereiches aufhält). Hilfreich sei es nach Ansicht der Beamten, die Amtsnummer der Wohnort-Dienststelle im Handy zu speichern, um bei Bedarf schnell darauf zurückgreifen zu können.
An dieser Stelle konnte lediglich ein kurzer Überblick über die wichtigsten Verhaltensregeln gegeben werden. Viele weitere Tipps und Hinweise sind auf den Informationsseiten der Polizei, der Automobilclubs sowie der Versicherungen zu finden.