Der 53-jährige gab einen Überblick über die Situation auf dem Energiemarkt, nachdem durch den Überfall Russlands auf die Ukraine und den aktuell immer noch andauernden Krieg, die Versorgung mit Strom und Gas in Europa auf eine harte Probe gestellt wurde. In einem weiteren Gespräch mit dem Chef des heimischen Energieversorgers sowie dem Bereichsleiter Markt, Daniel Strathmann, wurde die Situation nach dem Winter beleuchtet. Die beiden Fachleute gaben außerdem einen Einblick in die Zukunft der erneuerbaren Energien, wie sie produziert werden und wie sich die Stadtwerke Schaumburg-Lippe engagieren. Rabeneck ist seit Oktober 2020 Geschäftsführer der Stadtwerke mit Sitz in Bückeburg.
Frage an die beiden Führungskräfte: Wie ist der Status Quo im Versorgungsbereich der Stadtwerke Schaumburg-Lippe?
Rabeneck/Strathmann: Wir sind mit unseren Konditionen komplett unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Preisbremsen. (Anm. der Red.: 12 Eurocent bei Gas, 40 Eurocent bei Strom für 80 Prozent des Verbrauches). Auch für die verbleibenden 20 Prozent des Verbrauches liegen wir unterhalb der Grenzen.
Frage: Ist mit fallenden Verbraucherpreisen zu rechnen?
Rabeneck/Strathmann: Am Markt sind die Einkaufspreise tatsächlich in den vergangenen Wochen gefallen. Das führt wieder zu einem Wettbewerb, da die Energiediscounter, die ihre Kontingente kurzfristig einkaufen, wieder am Markt sind. Teilweise hatten diese Unternehmen ihre Preise extrem anheben müssen, beziehungsweise, die Lieferung komplett eingestellt.
Frage: Was machen Sie anders?
Rabeneck/Strathmann: Wir kaufen unsere errechneten Kontingente in Margen zu verschiedenen Zeiten ein. Damit können wir unseren Kunden eine verlässliche Versorgung zu bezahlbaren Preisen über einen langen Zeitraum gewährleisten. Wir spekulieren nicht. Wohl aus diesem Grund stellen wir zurzeit keine Abwanderung von Kunden zu den Discountern fest. Durch die Übernahme von ehemaligen Discounter-Kunden, haben wir im Bereich Gasversorgung etwa 1.000 Kunden hinzugewonnen und versorgen nun circa 16.000 Kunden mit Erdgas.
Frage: Wie schätzen Sie die Preisentwicklung ein?
Rabeneck/Strathmann: Wir sehen das Preisniveau für ein Jahr etwa so stabil, wie heute. Grundsätzliche Sorge vor einem Energiemangel haben wir, auch aufgrund der Lieferungen mit LNG (Anm. der Red.: Liquefied Naturel Gas = Erdgas, tiefkalt, verflüssigt), für den kommenden Winter nicht.
Kommen wir zum Thema regenerativen Energien.
Frage: Was tun die Stadtwerke Schaumburg-Lippe im Hinblick darauf?
Rabeneck/Strathmann: Zunächst schauen wir unsere eigenen Standorte an und prüfen diese für die Verwendung von Photovoltaik (PV). Das Wasserwerk in Stadthagen ist mit PV ausgestattet und in Engern planen wir eine Fläche von circa 1 Hektar. Damit decken wir einen großen Teil des eigenen Verbrauches ab. Unser Standort in Bückeburg ist selbstverständlich ebenfalls weitestgehend mit PV ausgestattet. Mit vielen zusätzlichen internen Maßnahmen fördern wir die Nachhaltigkeit innerhalb unseres Unternehmens. Durch die ständig laufenden Prüfverfahren und Gutachten ändern sich die Voraussetzungen gerade bei Freiland-PV-Anlagen immer wieder und wir sind auf Beteiligungen vorbereitet. Das gilt unter anderem auch für die geplante Groß-Anlage auf dem Georgschacht in Stadthagen. In der Öffentlichkeit nehmen die Prüfungen -PV oder Landwirtschaft- einen großen Raum ein. Seit dem Jahresbeginn gibt es beispielsweise einen sogenannten Privilegierungs-Tatbestand für die Genehmigung von PV entlang von Bundesautobahnen und mehrgleisigen Bahnstrecken. Jeweils 200 Meter rechts und links davon gelten vereinfachte Genehmigungsverfahren für PV.
Frage: Wie wollen wir in Deutschland die Ziele für die Gewinnung erneuerbarer Energie erreichen?
Rabeneck/Strathmann: Wir versuchen bereits jetzt schon, die Stromerzeugung für unsere Kunden möglichst „grün“ zu erreichen. Heute gelingt dieses allen Versorgern aber nur durch den Erwerb von Zertifikaten, die bei nicht geförderten Anlagen für regenerative Energie entstehen. Strom ist in den Netzen immer ein Gemisch aus allen Erzeugungsarten, den kann man nicht aufteilen. Mit den Zertifikaten bezahlt der Kunde quasi die zusätzlichen Kosten für die Zertifikate der Anlagenbetreiber von Öko-Strom.
Blicken wir einmal etwas in die Zukunft. In Deutschland soll bis 2030 80 Prozent des Stroms regenerativ erzeugt werden, bis 2045 sollen 100 Prozent erreicht werden. Heute stehen wir bei etwa 45 Prozent.
Frage: Wie schätzen Sie die Situation ein?
Rabeneck/Strathmann: Wir brauchen einfach schnellere Genehmigungsverfahren – Stichwort „Deutschlandgeschwindigkeit“. Dass wir es können, haben wir bei der Planung und Umsetzung des Baus von LNG-Terminals bewiesen. Neben den Genehmigungsverfahren benötigen wir Menschen, die die Anlagen bis in den Häusern auch einbauen – Stichwort „Keine Wende ohne Hände“. Das Handwerk muss so attraktiv sein, dass wieder mehr junge Menschen in das Handwerk gehen. Die Stadtwerke Schaumburg-Lippe wollen und werden in die neuen Produktionen einsteigen – wir müssen das schaffen!
Frage: Wie sehen Sie die Rolle von Wasserstoff als zukünftigen Energielieferanten?
Rabeneck/Strathmann: Große Industrieunternehmen – beispielsweise in der Stahlindustrie – können nicht mit den erforderlichen Mengen an „grünem“ Strom betrieben werden. Hier wird der Wasserstoff als Ersatz für Erdgas eine wichtige Rolle spielen. Ebenso wird der Luftverkehr absehbar nicht elektrifizierbar werden. In diesen Bereichen wird sich ein Markt für „blauen Wasserstoff“ entwickeln. (Anm. der Red.: Bei dem „blauen“ Wasserstoff wird das entstehende CO2 anschließend unterirdisch gelagert und gelangt nicht in die Atmosphäre = Klimaneutralität). Diesen Wasserstoff werden wir benötigen, um die Großindustrie zu entkarbonisieren.
Vielen Dank an Dirk Rabeneck und Daniel Strathmann für den Einblick in die aktuelle Situation und den Ausblick auf regenerative Energien.
Das Gespräch führte Axel Bergmann