De-tail-liert | Schaumburger Wochenblatt

18.10.2024 14:41

De-tail-liert

. (Foto: Christian Kutschera)
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In aller Munde auf Tour – heute im Restaurant Mohn in Hohnhorst

Das Restaurant Mohn hat erst seit wenigen Wochen geöffnet und ist vielerorts schon Gesprächsstoff. Denn es kündigt auf der Homepage recht deutlich Fine Dining an, auf dem Dorf. In Hohnhorst, wo sich das Hofcafé Bruns Nr. 2 befindet. Ein erstes Bruns hat es allerdings nie gegeben, es war einfach der zweite Hof im Ort.

Die Auswahl beschränkt sich auf ein (!) Menü mit vier oder fünf Gängen für 67,50 Euro oder 83,- Euro, mit einer vegetarischen Variante und mit optionaler „Weinbegleitung“ für 30 Euro oder 37,50 Euro. Das ist pro Person nicht unter 100 Euro zu machen, auch dann nicht, wenn man zum Wein nur das gefilterte Wasser aus den hauseigenen Flaschen für fünf Euro trinken möchte. Und schon gar nicht, wenn man sich den Käsegang für 16 Euro dazu bestellt. Geht das in Hohnhorst? Wir würden es dem jungen Betreiberpaar sehr wünschen, denn für unsere Region sind gerade die nicht alltäglichen Restaurants eine Bereicherung, ganz egal, ob man selbst oft hingeht oder nicht. Und nach der Gesamtschau auf unseren Abend ist es dort alles andere als teuer, fraglich, ob die beiden das Preisniveau überhaupt werden halten können.

Das Konzept ist sehr durchdacht und stimmig bis ins Detail. Wir wurden herzlich von Laura Überschär begrüßt, sie betreibt das Restaurant gemeinsam mit ihrem Freund Joris Hogervorst, der für die Küche verantwortlich ist. Mit knapp 30 Plätzen ist das Restaurant allein schon wegen der hohen Erwartungen seitens kulinarisch interessierter Menschen bisher meistens ausgebucht. Alles im Raum ist sehr aufeinander abgestimmt und harmonisch, sogar die Tische wurden im Auftrag produziert und beinhalten schon das erste interessante Feature, nämlich auf zwei Seiten eingebaute, flache Besteckschubladen, aus denen man sich selbst bedienen kann. So entfällt das manchmal nervige Besteck­getausche während des Essens. Da die Fläche angemietet wurde, blieb leider der im Stil der 90er Jahre geflieste, terracottafarbene Fußboden auf der Strecke, also liegen. Das ist eigentlich nicht wichtig, aber irgendwann fängt man an, sich den Innenraum genau anzusehen, allein weil man wahrscheinlich drei bis vier Stunden hier verweilt, wie wir gleich sehen werden.

Da es nicht viel auszusuchen gibt, haben wir jeweils die vier Gänge der vegetarischen und der klassischen Variante mit Fleisch und Fisch gewählt, lediglich was wir weglassen, musste entschieden werden. Bevor wir angefangen haben zu bestellen, wurde aber schon mal als Gruß aus der Küche ein Kürbispäckchen serviert, eine Praline mit Kürbiskaramell gefüllt und verschnürt mit einem Schnittlauchhalm, auf einem Kürbiskerncracker. Mundgerecht auf einem Löffel serviert. Einige Minuten später folgte ein kleines Tartelette mit Schalottenmarmelade und hauchdünnen knusprigen Schalottenringen.

Ganz kurz nachdem wir bestellt haben, kam der dritte Gruß, eine vielfältige Kombination aus Topinambur. Die meisten Gäste googeln an dieser Stelle, dass die Pflanze zur Familie der Sonnenblumen gehört, eine Nutzpflanze ist und man die Knolle als Wurzelgemüse verwendet.
Jetzt wird selbst gebackenes Sauerteigbrot mit Mohnsamen noch heiß und frisch aus dem Ofen und einer Feigenblatt­crème sowie einer schaumigen Butter mit Harissa, der scharfen Gewürzmischung aus den nordarabischen Regionen, serviert. Das bleibt bis zum Schluss auf dem Tisch, jetzt geht’s los. Dachten wir, vorher kommt dann doch noch ein kleines Beignet mit einer Comté-Käse-Füllung, mit Marillenkerncrème und Steinpilzstaub. Wobei der Käsekern erst gefroren, dann umhüllt und dann leicht frittiert wird, wodurch er beim Verzehr warm und flüssig ist. Vor dem eigentlichen Start also schon mal vier Gaumenschmeichler.

Es hat uns tatsächlich nicht sehr gewundert, dass Joris auch im Jante gekocht hat, neben dem Votum, dem einzigen Restaurant in Hannover mit zwei Sternen. Die Handschrift bei den Gerichten hat uns daran erinnert, aber ohne den Versuch, etwas zu kopieren. Er hat auch in anderen Restaurants und im Ausland viele Erfahrungen gesammelt, die er jetzt mit seiner Partnerin Laura in ein eigenes Konzept einfließen lassen will.

Der erste Gang war eine blaue Garnele und eine Ochsenherz-Rösttomate, beides auf einem Salat aus Kirschtomaten, gedörrten Tomaten, Radieschen mit Dill-Öl und einem Schaum aus Meerrettich. Beim Tomatengericht mit einem Tomatensud und beim Garnelengericht mit einer Sauce aus den Garnelen. Klein, aber sehr fein. Als Nächstes kam Zander auf Fenchelsalat mit Bergamotte und einer schaumigen Zandersauce, obendrauf grüne Sauerkleeblättchen, wobei der Fenchelsalat ein wenig zu sehr die Oberhand gewinnt. Die vegetarische Variante ist gedämpfter Lauch, mariniert in geröstetem Lauch-Öl, auf einem Mini-Kartoffelpuffer mit geräucherter Eigelbcrème und Bärlauchkapern, das sind wie Kapern eingelegte Bärlauchknospen; der Gang ist ein reines Vergnügen.

Die Regionalität und Nachhaltigkeit ist zum Greifen und wird bei vielen Zutaten in erstaunlich gradliniger Weise umgesetzt. So sind hier viele der Kräuter bis hin zum Schnittlauch aus dem Garten, der Baum, aus dessen Blättern die beiden das Feigenblatt-Öl machen, ebenfalls. Der Espresso kommt aus Beckedorf, Gins und Liköre aus Lauenförde und die feinen Blaugarnelen tatsächlich aus Wunstorfer Zucht Gamba Zamba von Aquapurna. Selbst die Servietten und Handtücher sind von der Leinenfabrik Steinhude. Weiter geht es mit angebratenem Kräuterseitling, der in weißem Portwein und Madeira mariniert wurde und für die klassische Menüversion etwas geschmortes Kalb mit Spitzkohlrolle, mit Steinpilz und Kräuterseitling gefüllt, obenauf mit Senf und Steinpilz veredelte Chips, die aus der Maniokwurzel hergestellt werden. Dazu eine Sauce aus Kalb mit Blaubeere, Senfsaat und Silberzwiebeln, sehr breit und süßlich, das muss man mögen.

Die Weine bei der Weinbegleitung sind natürlich bestens auf die Gerichte abgestimmt, auch wenn nicht sehr viele namhafte Weingüter vertreten sind. Es werden 0,2-l-Gläser pro Gang eingeschenkt, beim 5-Gänge-Menü und einem Aperitif vorneweg kommt mancher vielleicht sogar ins Schwitzen. Die Atmosphäre unter den Gästen löst sich dementsprechend spürbar mit fortschreitender Zeit.

Ein Hingucker-Dessert schließt das Ganze für uns ab. Brombeer-Waldmeister-Sorbet aus hausgemachtem Waldmeister-Sirup mit frischen Brombeeren, Joghurtschaum, knusprigem Quinoakaramell und Waldmeister-Zitrusgel. Großes Kino.

Spitzengastronomie auf dem Land in schönem Ambiente mit sehr angemessenen Preisen.

Restaurant Mohn
Hauptstraße 25
31559 Hohnhorst
Tel. 0151 44 99 51 77
info@restaurantmohn.de
www.restaurantmohn.de

Mittwoch – Samstag
18:00 – 23:00 Uhr

. (Foto: Christian Kutschera)
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Von Christian Kutschera
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